Neuste Prognose zur Schweizer Konjunktur
17. Dez 2015, Recht & Steuern | Schweizer Bund

Neuste Prognose zur Schweizer Konjunktur

Der Bund hat die neuste Prognose der konjunkturellen Entwicklung in der Schweiz publiziert. Nach der Expertengruppe dürfte die Schweizer Konkunktur nur langsam Fuss fassen.

Zwischen Januar und September 2015 stagnierte das BIP der Schweiz. Die deutliche Wachstumsabkühlung geht massgeblich auf die Frankenaufwertung von Mitte Januar zurück. Dämpfende Effekte hatten ausserdem die schwächere Expansion des Welthandels und die nachlassende Dynamik der Inlandkonjunktur. Angesichts der erwarteten leicht verbesserten internationalen Konjunktur geht die Expertengruppe von einem graduell beschleunigtem Wirtschaftswachstum der Schweiz aus.

  • Wachstumsprognose
  • 2015: 0,8 Prozent
  • 2016: 1,5 Prozent
  • 2017: 1,9 Prozent

Infolge dieser eher zögerlichen Konjunkturbelebung dürfte allerdings die Arbeitslosenquote vorerst noch weiter zurückgehen.

  • Prognose der Arbeitslosenquote
  • 2015: 3,3 Prozent
  • 2016: 3,6 Prozent
  • 2017: 3,4 Prozent
1. Konjunkturlage im 3. Quartal

Die Schweizer Wirtschaft hat noch nicht wieder Tritt gefasst. Nachdem das Wirtschaftswachstum bereits in der ersten Jahreshälfte praktisch zum Stillstand gekommen war, stagnierte das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) auch im 3. Quartal 2015 (0,0 Prozent gegenüber dem Vorquartal). Die deutliche Konjunkturabkühlung im laufenden Jahr ist in hohem Masse auf die Frankenaufwertung von Anfang Jahr zurückzuführen. Diese belastet – zusammen mit der schwächeren Dynamik des Welthandels – den Aussenhandel erheblich.

  • Handelsbilanz

Im 3. Quartal lieferte die Handelsbilanz mit Waren zwar einen positiven Wachstumsbeitrag, die Handelsbilanz mit Dienstleistungen jedoch einen negativen. Hinzu kommt, dass in den letzten Quartalen auch wichtige inländische Konjunkturstützen an Schwung eingebüsst haben. Dies betrifft insbesondere die Bauwirtschaft, die nach mehreren Jahren starken Wachstums in eine Verlangsamung eingetreten ist. Positive Impulse kamen im 3. Quartal insbesondere vom Konsum der privaten Haushalte und des Staates.

  • Stimmungsindikatoren

Umfragebasierte Stimmungsindikatoren zeigen derzeit noch keine klare Konjunkturwende zum Besseren an – wie etwa die Konjunkturumfragen der KOF und der Purchasing Managers‘ Index PMI. Seit dem Sommer deuten diese auch in den am stärksten betroffenen Bereichen – Industrie, Handel und Tourismus – auf eine gewisse Stabilisierung hin.

Die starke Verschlechterung der ersten Jahreshälfte kam zum Stillstand. Eine klare Erholung zeichnet sich indes noch nicht ab. Die Geschäftserwartungen liegen aktuell (Oktober/November) nach wie vor auf tiefem Niveau und sind deutlich weniger günstig als zur selben Zeit des Vorjahres.

  • Frankenaufwertung

Die Effekte der Frankenaufwertung von Anfang Jahr auf die Preise setzten sich im 3. Quartal 2015 fort. Nicht nur die Importpreise, sondern auch die Exportpreise, die inländischen Produzentenpreise und die Konsumentenpreise sind in den ersten drei Quartalen des Jahres deutlich zurückgegangen. Auf Unternehmensseite widerspiegelt diese Entwicklung einerseits gewisse Wechselkursvorteile bei der Beschaffung von Vorleistungen im Ausland, andererseits aber auch die deutlichen Margenrückgänge – welche zugunsten der preislichen Wettbewerbsfähigkeit in Kauf genommen wurden. Die tiefen Margen sind für viele Unternehmen besonders herausfordernd. Diesen wird unter anderem mit Massnahmen zur Effizienzsteigerung begegnet. Dazu zählen vermehrte Beschaffung im Ausland, betriebliche Prozessoptimierung, Arbeitszeitverlängerungen und teilweise Verlagerung von Produktionsprozessen ins Ausland.

2. Konjunktprognosen für die Schweiz

Trotz der leichten Entspannung der Wechselkurssituation geht die Expertengruppe nach wie vor von einer eher langsamen Erholung der Schweizer Konjunktur aus. Der zu erwartende BIP-Wachstum entspricht einer nur zögerlichen Konjunkturnormalisierung in den kommenden beiden Jahren und widerspiegelt die Nachwirkungen des Frankenschocks von Januar. Das prognostizierte BIP-Wachstum dürfte demzufolge nach 2015 auch 2016 unter dem langjährigen Mittelwert von knapp zwei Prozent liegen und sich erst 2017 zunehmend festigen.

  • Inländische Nachfrage

Die inländische Nachfrage dürfte über den gesamten Prognosehorizont eine wichtige Stütze der Konjunktur bleiben. Wie schon im laufenden Jahr können die privaten Haushalte für 2016 – angesichts der anhaltend negativen Teuerung – mit realen Kaufkraftgewinnen rechnen. Diese könnten zumindest teilweise in zusätzliche Konsumausgaben fliessen.

  • Bauinvestitionen

Für die Bauinvestitionen zeichnet sich für 2016 eine Fortsetzung der schwächeren Tendenz ab – jedoch auf einem hohen Niveau. Neben dem Tiefzinsumfeld dürfte ein anhaltendes Bevölkerungswachstum die Bauinvestitionen sowie auch den privaten Konsum weiterhin stützen. Vom Aussenhandel dürften im laufenden Jahr keine nennenswerten Impulse kommen. Im Zuge der weltwirtschaftlichen Erholung werden für die kommenden zwei Jahre aber wieder positive Wachstumsbeiträge erwartet.

  • Arbeitsmarkt

Das langsame Tempo der konjunkturellen Erholung dürfte den Arbeitsmarkt auch in den kommenden Quartalen belasten. Seit Anfang des Jahres ist zwar die Beschäftigung gesamthaft weiter gewachsen – insbesondere im Dienstleistungssektor – wogegen in der Industrie Stellen verloren gingen. Doch auch die Arbeitslosenquote zeigt einen leichten Aufwärtstrend und nahm saisonbereinigt von 3,2 Prozent im Februar auf 3,4 Prozent im November zu. Die Expertengruppe erwartet, dass sich diese Entwicklung im Wesentlichen fortsetzen wird.

  • 2015: Beschäftigungszuwachs von 0,9 Prozent; Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent
  • 2016: Beschäftigungszuwachs von 0,8 Prozent; Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent
  • 2017: Beschäftigungszuwachs von 1,0 Prozent; Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent

Das sind die Prognosen für den Arbeitsmarkt.

  • Preisentwicklung

Die negative Entwicklung der Preise in zahlreichen Sektoren dürfte sich noch wenige Quartale fortsetzen – bis der Effekt der Frankenaufwertung und der gesunkenen Erdölpreise vollständig nachlässt. Die Expertengruppe erwartet damit dass die Konsumteuerung folgendermassen ausfallen wird:

  • 2015: deutlich negativ (-1,1 Prozent)
  • 2016: noch leicht negativ (-0,1 Prozent)
  • 2017 wieder positiv (+0,2 Prozent)
3. Konjunkturrisiken

Ein erheblicher Risikofaktor für die konjunkturellen Aussichten in den Schwellenländern – und damit indirekt für die Weltwirtschaft – ist die erwartete Normalisierung der US-Geldpolitik.

Wichtige Schwellenländer könnten – angesichts ihrer fragilen Verfassung – infolge der Zinswende in den USA von erheblichen Turbulenzen und Kapitalabflüssen betroffen sein. Sollten daraus wiederum starke negative Effekte auf die Industrieländer resultieren, hätte die schweizerische Wirtschaft nur noch geringe Chancen, weiter wachsen zu können.

Grosse Risiken gehen darüber hinaus von der noch unklaren zukünftigen Regelung der Zuwanderung aus. Eine restriktive Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) mit einer starken Beschränkung der Nettozuwanderung könnte sich nachteilig auf die Inlandnachfrage auswirken – sowie auf Standort- und Investitionsentscheide der Unternehmen. Zudem besteht in diesem Zusammenhang weiterhin eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Zukunft der bilateralen Verträge mit der EU.

4. Internationale Konjunktur

Die Weltwirtschaft setzte das moderate Wachstumstempo der ersten Jahreshälfte auch im 3. Quartal 2015 fort. Aus den Schwellenländern kamen insgesamt nur gedämpfte Wachstumsimpulse. Gleichzeitig haben die Industrieländer im Wesentlichen das moderate Expansionstempo der vergangenen Quartale beibehalten.

  • Chinesische Wirtschaft

Im Zuge der Finanzmarktturbulenzen des vergangenen Sommers lag die Besorgnis nah, die chinesische Wirtschaft könne einen konjunkturellen Einbruch erleiden und dabei weitere Länder in einen Abwärtsstrudel reissen. Bislang gibt es allerdings keine klaren Hinweise auf einen verschärften Abschwung in China. 

Im 3. Quartal fiel das BIP-Wachstum mit knapp sieben Prozent (im Vergleich zum Vorjahresquartal) etwa gleich hoch aus wie im ersten Halbjahr. Dabei wurden gewisse Schwächetendenzen in der Industrie und in der Bauwirtschaft durch den wachsenden Dienstleistungssektor kompensiert.

BIP-Wachstumsprognose für China

  • 2015: 6,8 Prozent
  • 2016: 6,5 Prozent
  • 2017: 6,0 Prozent
Insgesamt bleibt – angesichts des strukturellen Wandels der Volkswirtschaft – wahrscheinlich, dass das chinesische BIP-Wachstum in Zukunft weniger stark ausfallen wird als in der Vergangenheit.

  • Euroraum

Der Euroraum setzte in den Sommermonaten die Erholung der ersten Jahreshälfte fort. Das BIP wuchs im 3. Quartal um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Bremsende Effekte auf den Aussenhandel und damit auf das BIP kamen aus wichtigen Schwellenländern. Demgegenüber stehen als belebende Faktoren: 

  • die weiterhin expansiv ausgerichtete Geldpolitik
  • der schwache Euro
  • die anhaltend tiefen Erdölpreise 
  • die etwas gelockerte Fiskalpolitik

Auch an den Arbeitsmärkten verbessert sich die Lage schrittweise; im Oktober 2015 lag die Arbeitslosenquote im Euroraum mit saisonbereinigten 10,7 Prozent auf dem tiefsten Niveau seit Anfang 2012. Für einige südliche Länder des Euroraums erklärt die Auswanderung freilich einen Teil des Rückgangs der Arbeitslosigkeit.

Zu erwartende Arbeitslosenquote

  • 2015: 1,5 Prozent
  • 2016: 1,6 Prozent
  • 2017: 1,9 Prozent
Insgesamt ist vor diesem Hintergrund für die kommenden zwei Jahre im Euroraum weiterhin mit einer leichten Wachstumsbeschleunigung zu rechnen.

  • USA

Relativ freundlich stellt sich der Konjunkturausblick für die USA dar. Nach einem schwachen Jahresanfang beschleunigte sich das US-amerikanische BIP-Wachstum auf 1,0 Prozent im 2. und 0,5 Prozent im 3. Quartal. Zwar wird die Expansion im Industriesektor durch den starken US-Dollar und die verhaltene Schwellenländerkonjunktur sowie teilweise auch durch die tiefen Erdölpreise gebremst. Die Exporte von Erdölprodukten der USA sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen.

Dem steht indes eine positive Entwicklung im Bau- und im Dienstleistungssektor gegenüber. Insgesamt wird daher für die USA, wie schon in der Prognose von September, von einer weiteren leichten Wachstumsverstärkung ausgegangen (von 2,5 Prozent im Jahr 2015 auf jeweils 2,8 Prozent 2016 und 2017).

  • Fazit

In der Summe bleiben die Aussichten für das internationale Konjunkturumfeld für die kommenden beiden Jahre moderat positiv.

(Bildquelle: © Martin Dimitrov/iStockphoto)

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