4 Herausforderungen für Familienunternehmen
11. Nov 2014, Wirtschaft | Familienstrategie Teil 2

Die 4 Herausforderungen für Familienunternehmen

Das Familienunternehmen ist die Unternehmensspezies, die uns speziell in Deutschland auszeichnet. Denn ihr wohnt ein besonderer Charme inne: Denken in Generationen – das heute investierte Kapital stellt das geliehene Erbe der nächsten Generation dar.

Ein Denken und Handeln in Quartalen ist das Ziel – und damit eine ausgerichtete Langfristigkeit gegenüber dem kurzfristigen Gewinnoptimieren.

Der dynastische Wille als vorherrschendes Motiv

Das heisst, dass das Unternehmen möglichst innerhalb der Familie in die nächste Generation übergehen soll. Genau darin liegen aber – neben vielen weiteren marktbedingten Herausforderungen – die spezifischen Hürden. Und diese dynamischen Herausforderungen innerhalb einer Unternehmerfamilie und eines Familienunternehmens existieren weltweit schon seit mehr als sechsundvierzig Generationen.

Mit 1.296 Jahre ist ein Hotel aus Japan das älteste Familienunternehmen der Welt – und wird heute in der 46. Generation geführt. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Alter von Familienunternehmen in Deutschland liegt unter fünfzig Jahren.

Wie gestalte ich die Zukunft meiner Familie so, dass eine Firmenübernahme innerhalb der Familie möglich ist? Wie bilde ich den Nachwuchs aus, dass er – adäquat ähnlich zu einem potenziellen Bewerber von aussen – die gleichen oder gar besseren Fähigkeiten für die Führung eines Unternehmens besitzt? Das sind Fragen, die sich gerade die heutige Unternehmergeneration stellt. Hierbei gilt es kritisch zu reflektieren und sich strategisch auf die Zukunft vorzubereiten. Diese Themen mögen dem Unternehmer neben seinem operativen Geschäft zeitintensiv erscheinen, zahlen sich aber langfristig aus.

Otto, Fürst von Bismarck, soll gesagt haben: «Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt.» Diese Aussage deckt sich mit aktuellen Ergebnissen einer Studie, die besagt, dass es nur zwölf Prozent aller Familienunternehmen weltweit bis in die dritte Generation schaffen – lediglich ein Prozent über die fünfte Generation hinaus.

Dabei wird ersichtlich, was die Führung von Familienunternehmen so besonders und zugleich schwierig macht: Es geht nicht nur um geschäftliche Themen, sondern auch um persönliche, die durch die Familie einfliessen.

Firmeninhaber und ihre Nachfolger: Das Übergabethema

Gerade bei den Übergabethemen fragen sich die momentanen Firmeninhaber, ob ihr Nachwuchs den gleichen Unternehmergeist mitbringt, ob sie die Familienkultur stärken und ob sie bereit sind, ähnlich viel Zeit in den Ausbau des Unternehmens zu investieren. Auf der anderen Seite wünschen sich die Nachfolger, dass ihre Eltern offener für neue Ideen und Ansätze sind. Gerade dieser Gegensatz macht es oft schwierig und ist der Nährboden für Missverständnisse, die dann oftmals in unaufgelösten Konflikten enden.

Ein weiteres Phänomen in Familienunternehmen ist, dass häufig wenig bis hin zu gar nichts in Bezug auf einen Notfall geregelt oder vorbereitet ist. Tritt eine solche Situation ein, ist die nachfolgende Generation handlungsunfähig – sowohl in den Belangen der Familie als auch in den Belangen des Unternehmens. Derartige Nichtregelungen führen häufig zu Konfliktsituationen innerhalb der Familienmitglieder und können existenzgefährdend für das Unternehmen sein.

Peter Zinkann, bringt dieses Dilemma innerhalb einer Familie sowohl im Positiven, wie auch im Negativen treffend auf den Punkt: «Familienunternehmen haben einen ganz grossen Vorteil und einen ganz grossen Nachteil, und beides ist die Familie. Eine Familie im Frieden ist das Beste, was es für eine Firma geben kann, eine Familie im Unfrieden das Schlimmste.»

Herausforderung Familienunternehmen

Aus über zwanzig Jahren Erfahrung in der Begleitung von Familienunternehmen, haben wir besonders vier Herausforderungen feststellen können:

I. Das Drama der verstrickten zwei Systeme im Familienunternehmen
  • System «Familie»: Hier ist die Grundtendenz emotional. Das Ziel des Systems ist es, dass die Familie untereinander solidarisch zusammenhält und dass alle Mitglieder möglichst gleich behandelt werden. 
  • System «Unternehmen»: Hier ist die Grundtendenz rational/sachlich ausgelegt. Es gilt das Prinzip der Leistung, die von den Systemmitgliedern erbracht werden muss und es gilt das Prinzip der Nummer eins. Erbrachte Leistung entscheidet, wer sich heraus kristallisiert und dem Unternehmen oder der Abteilung als Führender vorsteht.  

Diese beiden sozialen Systeme überschneiden sich und gerade an den Schnittmengen aus Familie und Unternehmen besteht ein hohes Konfliktpotenzial. Es gilt diese offen zu diskutieren und möglichst Übereinstimmungen in den Werten, Zielen und Rollen zwischen den Beteiligten aus den beiden Systemen zu finden, diese zu diskutieren, aufzulösen und idealerweise schriftlich zu fixieren

II. Wertedreiecke der Familie und des Unternehmens

Angenommen die Familie setzt sich drei Grundwerte für ihr Handeln – wie persönliche Entwicklung, Unabhängigkeit der Familie, Freude am gemeinsamen Wirken. Das Unternehmen hat wiederum seine Werte wie folgt festgelegt: Toleranz unter den Mitarbeitern, Gleichbehandlung, umweltbewusster Umgang.

Jetzt würde in einem Familienunternehmen die Herausforderung darin bestehen, dass die Werte – wenn man sie übereinanderlegen würde – einheitlich oder in etwa deckungsgleich sind. Harmonie in den beiden Systemen entsteht folglich, wenn die Werte der Familie mit den Werten des Unternehmens abgestimmt sind und vice versa.

III. Familie ist auf Wachstum durch weitere Fortpflanzung ausgelegt – Gefahr der Zersplitterung

Diese natürliche Tatsache hat zur Folge, dass mit zunehmender Anzahl an Kindern – sprich neuen Familienmitgliedern – diese eventuell auch am Unternehmen durch Gesellschafteranteile beteiligt werden. Diese Beteiligungshäufigkeit nimmt mit zunehmenden Generationen zu, so spricht man zuerst von der Gründergeneration, dann von der Geschwistergesellschaft und dann von der Vetterngesellschaft.

Mit wachsender Anzahl von Gesellschaftern nehmen die divergierenden Interessen ebenfalls zu – die Ansprüche wachsen, die Entfernung von Unternehmen und untereinander steigt. Dadurch wird die Herausforderung grösser, die Familie im Inneren zusammenzuhalten und die Informationen über das Unternehmen an die Gesellschafter zu verteilen.

IV. Rollenkonflikte als Konfliktursache im Familienunternehmen

In einer Personengruppe, also einer Gruppe von mindestens zwei Personen, herrschen drei Grundtreiber der Gruppendynamik: Liebe, Geld und Macht. Sprich, wer bekommt Aufmerksamkeit in Form von Liebe, wer besitzt oder verdient wie viel Geld und wer hat wie viel Einfluss auf Personen oder Organisationen und dadurch Macht?

Diese drei Grundtreiber gilt es in einer Gruppe zu balancieren, beziehungsweise sie dienen als Antreiber von einzelnen Gruppenmitgliedern. In Familienunternehmen spielen sich diese Grunddynamiken in einer sehr speziellen Form ab, denn hier gibt es drei Gruppen, die besonders untereinander eine Rivalität ausleben. Zuerst zwischen den Generationen – also übergebende an nachfolgende Generation – wobei es um Liebe, Macht und Geld geht. Ferner unter den Geschwistern einer Familie oder eines Familienstammes. Und schliesslich dreht sich alles um Geld, Macht und Liebe zwischen tätigen und nicht-tätigen Gesellschaftern in Unternehmerfamilien.

Folglich geht es um die Herausforderungen der zwei Systeme Familie und Unternehmen:

  • Übereinstimmung der Werte in Unternehmen und Familie 
  • Zersplitterungsschutz über mehrere Generationen
  • Grunddynamiken einer Gruppe: Geld, Macht und Liebe

>> zum 1.Teil der Artikelreihe: Familienstrategie Teil 1: Eine Einführung für Unternehmerfamilien


(Bildquelle: © lculig/iStockphoto)




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