Handelskammerjournal–Stolpersteine-beim-grenzueberschreitenden-Beteiligungsverkauf
7. Okt 2014, Recht & Steuern | Schweizer Steuerrecht

Stolpersteine beim grenzüberschreitenden Beteiligungsverkauf

Der Beteilungsverkauf einer Kapitalgesellschaft durch eine Privatperson ist ein komplexer Prozess. Das gilt auch aus Schweizer Steuersicht.

Neben wirtschaftlichen Überlegungen und der zivilrechtlichen Gestaltung sind auch steuerliche Punkte detailliert zu untersuchen. Gerade im grenzüberschreitenden Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz können sich verschiedene zusätzliche Fallstricke stellen.

Im regulatorischen Umfeld haben sich in den letzten Jahren verschiedene Änderungen ergeben, die sich auf einen grenzüberschreitenden Beteiligungsverkauf auswirken können. Im vorliegenden Artikel werden ausgewählte steuerliche Aspekte bei folgenden Fallbeispielen beleuchtet – jeweils mit einem speziellen Fokus auf den Verkauf von Immobiliengesellschaften:

  • Verkauf einer deutschen Kapitalgesellschaft durch eine in der Schweiz wohnhafte Privatperson.
  • Verkauf einer schweizerischen Kapitalgesellschaft durch eine in Deutschland wohnhafte Privatperson.
Einkommenssteuern auf den mitverkauften Reserven

Im schweizerischen Steuerrecht zentral ist die Abgrenzung zwischen einem Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch eine Privatperson und einem Vermögensertrag aus beweglichem Vermögen:

  • Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen sind einkommenssteuerfrei.
  • Vermögenserträge aus beweglichem Vermögen unterliegen der Einkommenssteuer.

Grundsätzlich qualifiziert sich der Gewinn aus dem Verkauf einer deutschen Kapitalgesellschaft durch eine in der Schweiz wohnhafte Privatperson als privater Kapitalgewinn. Dieser ist damit von der Einkommenssteuer befreit. In der Vergangenheit wurde in der Rechtsprechung die Praxis zur indirekten Teilliquidation entwickelt, welche Beteiligungsverkäufe der Einkommensbesteuerung unterstellen kann («Verkauf eines vollen Portemonnaies»; Entscheid des Bundesgerichts vom 11. Juni 2004, Der Steuerentscheid (StE) 2004 B 24.4 Nr. 70 = Archiv für Schweizerisches Abgaberecht (ASA) 73, 402 ff.)

Diese Rechtsprechung hat den schweizerischen Gesetzgeber veranlasst, solche Fälle gesetzlich zu regeln. Das entsprechende Gesetz ist seit dem 1. Januar 2008 in Kraft (Art. 20a Abs. 1 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) sowie Art. 7a Abs. 1 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG)). Der Erlös aus dem Verkauf von Beteiligungsrechten an einer Kapitalgesellschaft durch eine schweizerische Privatperson gilt nach der gesetzlichen Regelung dann als steuerbarer Vermögensertrag («indirekte Teilliquidation»),

  • wenn mindestens 20 Prozent der Anteile an der Kapitalgesellschaft aus dem Privatvermögen in das Geschäftsvermögen einer anderen natürlichen oder einer juristischen Person verkauft werden. Als Grundtatbestand ist mit anderen Worten ein Systemwechsel vom Privatvermögen in das Geschäftsvermögen notwendig – was bei solchen Transaktionen häufig der Fall ist, und
  • soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Verkauf – unter Mitwirkung des Veräusserers – nicht betriebsnotwendige Substanz ausgeschüttet wird, welche im Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorhanden und handelsrechtlich ausschüttungsfähig war.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) hat ihre Praxis dazu im Rahmen eines Kreisschreibens publiziert – Kreisschreiben Nr. 14 der EStV vom 6. November 2014 (KS 14.). Trotz der gesetzlichen Regelung und der Konkretisierung durch das Kreisschreiben harren verschiedene Praxisfragen einer abschliessenden Klärung. Das machen folgende Beispiele deutlich:

  • Die Frage nach einer schädlichen Substanzausschüttung ist facettenreich und wurde bisher nicht abschliessend beantwortet. Mitunter können auch Darlehensgewährungen und Sicherheitsleistungen von der gekauften Gesellschaft schädliche Substanzausschüttungen darstellen.
  • Auch der Begriff der nicht betriebsnotwendigen Substanz ist auslegungsbedürftig und beinhaltet Ermessensspielraum.

Ausserdem können neu in Kraft getretene Gesetzesnormen einen direkten Einfluss auf die Besteuerung im Rahmen der indirekten Teilliquidation haben:

  • Die Rückzahlung von Kapitaleinlagereserven (keine Gewinnreserven) unterliegt nicht der Einkommenssteuer beim Anteilsinhaber. Werden Kapitaleinlagereserven nach dem Verkauf ausgeschüttet, resultieren keine Einkommenssteuerfolgen, auch wenn sich die Transaktion grundsätzlich als indirekte Teilliquidation qualifiziert.
  • Unterliegt der Erlös im Rahmen einer indirekten Teilliquidation der Einkommenssteuer, wird die Einkommenssteuer auf Bundesebene in der Regel durch das Teilbesteuerungsverfahren und auf Kantonsebene durch ein Teilsatzverfahren reduziert.

Gemäss Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (DBA D/CH) können Gewinne aus der Veräusserung von den Anteilen an einer deutschen Kapitalgesellschaft durch eine schweizerische Privatperson nur in der Schweiz und nicht in Deutschland besteuert werden. (Art. 13 Abs. 3 Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA D/CH).)

Selbst wenn die Schweizer Steuerbehörden eine Umqualifikation des Kapitalgewinns aus Veräusserung (oder Teilen davon) in Vermögensertrag aus beweglichem Vermögen vornehmen, wirkt es sich nicht auf die abkommensrechtliche Zuteilung des Besteuerungsrechts an die Schweiz aus.

Indirekte Teilliquidation beim Verkauf einer Immobiliengesellschaft

Seit der Einführung der Norm zur indirekten Teilliquidation wurde deren Auslegung und Handhabung in der Schweiz erst einmal höchstrichterlich beurteilt. In diesem Entscheid vom 31. Mai 2012 hatte das Bundesgericht den Verkauf einer Immobiliengesellschaft zu beurteilen («wirtschaftliche Handänderung»), welcher sich ausserdem als indirekte Teilliquidation qualifizierte.

Der Verkauf einer Mehrheit der Anteile an einer Immobiliengesellschaft wird im schweizerischen Steuerrecht als Verkauf der Liegenschaft betrachtet. Dieser kann zu den entsprechenden Grundstückgewinnsteuerfolgen führen.

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Transaktion der ordentlichen Einkommenssteuer (indirekte Teilliquidation) und damit nicht der Grundstückgewinnsteuer (Verkauf einer Immobiliengesellschaft) unterliegt. Interessanterweise wird aus diesem Bundesgerichtsurteil in der Praxis vereinzelt der Schluss gezogen, dass die Veräusserung einer Immobiliengesellschaft – beim Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer indirekten Teilliquidation – selbst dann nicht mehr der Grundstückgewinnsteuer unterliegen könne, wenn innerhalb der fünfjährigen Frist keine Besteuerung aufgrund einer indirekten Teilliquidation erfolgt.

Erzielt die schweizerische Privatperson Gewinne aus der Veräusserung ihrer Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft, können diese gemäss DBA D/CH nur in der Schweiz besteuert werden. Dies gilt selbstverständlich auch beim Verkauf einer deutschen Immobiliengesellschaft. Die steuerliche Behandlung der Transaktion in der Schweiz – Erfassung mit der Einkommenssteuer, mit der Grundstückgewinnsteuer oder gar nicht – kann auf die Zuteilung des Besteuerungsrechts nach DBA D/CH keinen Einfluss haben. In der Praxis können sich natürlich Besteuerungskonflikte ergeben.

Fazit

Wird eine Beteiligung grenzüberschreitend verkauft, liegen stets verschiedene steuerliche Stolpersteine verborgen. Eine sorgfältige Planung ist damit unabdingbar.

(Bildquelle: © kfletcher/iStockphoto)




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.