Entscheidung des Bundesfinanzhofs
22. Nov 2022, Recht & Steuern

Deutscher Bundesfinanzhof entscheidet zum deutschen Besteuerungsrecht in einer abkommensrechtlichen Dreieckskonstellation (Schweiz – Frankreich – Deutschland)

Der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Urteil vom 01. Juni 2022 (I R 30/18) zu einer abkommensrechtlichen Dreieckskonstellation über das deutsche Besteuerungsrecht zu entschieden.
Worum ging es?
Im Streitfall ging es um einen Altenpfleger, der seine unselbständige Tätigkeit in der Schweiz ausübte. Der Lebensmittelpunkt befand sich in Deutschland. Aufgrund der Entfernung zur Arbeitsstätte nahm sich der Altenpfleger eine Zweitwohnung in Frankreich, von der arbeitstäglich zur Arbeitsstätte in die Schweiz pendelte. Aufgrund der Grenzpendlerregelung des Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Frankreich versteuerte der Altenpfleger den Arbeitslohn nicht in der Schweiz, sondern in Frankreich.
Das deutsche Finanzamt unterwarf den Arbeitslohn der deutschen Besteuerung. Das Finanzgericht Münster gab der Klage des Altenpflegers statt und stellte den Arbeitslohn unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Besteuerung frei.
 
Was hat der BFH entschieden?
Der BFH folgte der Ansicht des Finanzgerichts und stellte den Arbeitslohn aus der Schweiz ebenfalls von der deutschen Besteuerung unter Progressionsvorbehalt frei.
Dabei hielt der BFH fest, dass für ein deutsches Besteuerungsrecht die unilateralen Rückfallklauseln der §§ 50d Abs. 8 sowie 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG (deutsches Einkommenssteuerrecht) nicht erfüllt sind.
Darüber hinaus rechtfertigte nach Ansicht des BFH auch die abkommensrechtliche Dreieckkonstellation kein deutsches Besteuerungsrecht. Bei einer isolierten Betrachtung der Abkommen wiese das DBA Deutschland-Schweiz das Besteuerungsrecht als Quellenstaat der Schweiz, das DBA Schweiz-Frankreich aufgrund der Grenzpendlerregelung das Besteuerungsrecht Frankreich und das DBA Deutschland-Frankreich das Besteuerungsrecht aufgrund der Ansässigkeit Deutschland zu. Die Verteilungsnormen der von Deutschland abgeschlossenen Abkommen stünden grundsätzlich nebeneinander und seien jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen. Für den Steuerpflichtigen reiche es aus, wenn ein Abkommen (hier das DBA Deutschland-Schweiz) die Freistellung der Einkünfte gewähre. Für diese Lösung bedürfe es weder der Auflösung einer Konkurrenz im Sinne eines Vorrangs eines Abkommens noch einer Beschränkung des Besteuerungsrechts durch die Regelung des anderen Abkommens. Vielmehr können sich der Steuerpflichtige grundsätzlich auf jede Begünstigung berufen, die ihm eines der Abkommen gewähre. Abschliessend betonte der BFH, dass sich das deutsche Besteuerungsrecht auch nicht aus der Tatsache ergebe, dass sich die Freistellung aus dem DBA Deutschland-Schweiz «nur» aus dem Methodenartikel ergebe.
Das Urteil des BFH ist zu begrüssen, da es dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, sich auf jede Begünstigung zu berufen, die ihm eines der Abkommen gibt.
 



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