Die geplanten Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland treten ab dem 01.01.2018 in Kraft
16. Nov 2017, Recht & Steuern | Kaufrecht

Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland (2/2)

Die geplanten Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland treten ab dem 01.01.2018 in Kraft und gelten für alle nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge. 

1. Geltung in der Lieferkette

it der Gesetzesänderung wollte der Gesetzgeber vor allem Verkäufer von zum Einbau bestimmten Waren sowie Handwerker und Bauunternehmer, die mangelhaftes Baumaterial gekauft und dieses in Unkenntnis des Mangels bei einem Dritten verbaut haben, entlasten. Aus diesem Grund wurde der Anwendungsbereich des neuen § 439 Abs. 3 BGB-E bewusst auf den B2B-Bereich ausgedehnt.

Der Gesetzgeber sah gleichzeitig das Risiko, dass die Verkäufer von zum Einbau bestimmten Gegenständen in Zukunft weitaus häufiger als derzeit Ansprüchen auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten ausgesetzt sein werden. Damit diese nicht auf den Folgekosten der vom Lieferanten oder Hersteller zu verantwortenden Produktmängel sitzen bleiben, wird als Ausgleich parallel zum neuen § 439 Abs. 3 BGB-E auch der Verkäuferregress auf den unternehmerischen Bereich ausgeweitet.

Änderungen der Paragraphen

Bislang enthalten §§ 478, 479 BGB Erleichterungen für den Verkäuferregress, wenn am Ende der Lieferkette ein Verbraucherkäufer stand. Nun sollen die Vorschriften zum Verkäuferregress auch dann gelten, wenn ausschliesslich Unternehmer an der Lieferkette beteiligt sind und auch der letzte Kaufvertrag in der Kette zwischen zwei Unternehmern geschlossen wurde. Inhaltlich ergeben sich dabei allerdings keine grossen Änderungen; lediglich der Standort der Regelungen wird von §§ 478, 479 BGB in §§ 445a, 445b BGB-E verschoben.

§ 445a Abs. 1 BGB-E enthält einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Lieferanten. Auch Aufwendungen, die der Verkäufer nach dem neuen § 439 Abs. 3 BGB-E gegenüber seinem Abnehmer zu tragen hatte, können entlang der Lieferkette weitergereicht werden. Auf diese Weise soll der Verkäufer einen Ausgleich für die erwarteten, erhöhten Nacherfüllungskosten bei Aus- und Einbau der mangelhaften Sache erhalten.

§ 445a Abs. 2 BGB-E enthält Modifikationen der Gewährleistungsrechte für Regresssituationen. Insbesondere ist eine ansonsten erforderliche Fristsetzung unter bestimmten Voraussetzungen entbehrlich. § 445b BGB-E regelt die Verjährung der Regressansprüche.

2. Abdingbarkeit der neuen Vorschriften

Im Verhältnis zu Verbrauchern darf der Anspruch auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten weder individualvertraglich (vgl. § 478 Abs. 2 BGB-E) noch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen (vgl. § 309 Nr. 8 b cc BGB-E) werden. Auch der Lieferantenregress ist unabdingbar, wenn der Endkunde der Lieferkette Verbraucher ist.

Für Kaufverträge zwischen Unternehmern und rein unternehmerische Lieferketten verzichtete der Gesetzgeber auf entsprechende Regelungen. Die neuen Vorschriften sind hier also im Grundsatz dispositiv und können jedenfalls individualvertraglich ausgeschlossen werden.

Interessanter für den von AGB beherrschten Geschäftsverkehr ist aber die Frage, ob im B2B-Bereich die Pflicht des Verkäufers bzw. – im Regressverhältnis – des Lieferanten zum Ersatz der Aus- und Einbaukosten durch entsprechende AGB-Klauseln ausgeschlossen werden kann. Im unternehmerischen Verkehr sind AGB nur einer allgemeinen Inhaltskontrolle nach der Generalklausel des § 307 BGB unterworfen.

Unterscheidung von schutzbedürftigeren Handwerkern und grossen Konzernen möglich

Hiernach ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Dies ist im Zweifel anzunehmen, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar ist. Fraglich ist, ob eine Risikoverteilung, die sich bislang aus dem Gesetz ergab (nämlich keine verschuldensunabhängige Haftung für Aus- und Einbaukosten im B2B-Bereich), nun plötzlich gegen das gesetzliche Leitbild verstossen kann.

Allerdings heisst es in der Gesetzesbegründung hierzu explizit, dass ein formularmässiger Ausschluss auch im B2B-Bereich in der Regel unwirksam sein wird. Andernfalls würde der Gesetzeszweck, Handwerker und Bauunternehmer, die Material ein- und weiterverkaufen, besonders zu schützen, konterkariert. Jedoch kann sich nach Ansicht des Gesetzgebers mit Blick auf die besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs oder mit Blick auf im Handelsverkehr geltende Gewohnheiten und Bräuche ausnahmsweise etwas anderes ergeben. Ob und unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein könnte, soll allerdings erst durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. Es ist vorstellbar, dass diese zwischen kleinen, schutzbedürftigeren Handwerkern und grossen Konzernen unterscheiden wird.

3. Inkrafttreten und Ausblick

Die geplanten Änderungen treten zum 01.01.2018 in Kraft und gelten für alle nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge.

Die neuen Regelungen werden sicherlich zu Kostensteigerungen für Verkäufer und Lieferanten führen. Gerade bei komplexen Maschinen kann der Kostenaufwand für den Aus- und Einbau von Ersatzteilen enorm sein. Inwieweit hier Möglichkeiten zur Deckelung der Kostenübernahme oder sogar zum Ausschluss bestehen, wird die Rechtsprechung noch konkretisieren müssen. Bis diese und andere Fragen geklärt sind, empfiehlt es sich, die offenen Fragen (individual)- vertraglich zu regeln.

Für Unternehmer gilt es bereits jetzt, ihre Verträge und AGB auf die neuen Regelungen anzupassen und sich darauf einzustellen, dass die Entwicklungen in der Rechtsprechung auch zukünftig weitere Anpassungen erfordern können.




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