2017-09-12 Handelskammerjournal Wichtige steuerliche Entwicklungen
19. Sep 2017, Recht & Steuern | Steuerentwicklungen

Wichtige steuerliche Entwicklungen im Verhältnis Deutschland-Schweiz

Die Entwicklungen im Verhältnis Deutschland-Schweiz werden an zwei konkreten Fällen veranschaulicht. Das Finanzgericht Baden-Württemberg äussert sich zur Besteuerung eines in der Schweiz tätigen Opernsängers und die EU-Kommission kündigt eine neue Transparenzentwicklung an. 

I. Finanzgericht äussert sich zur Besteuerung eines in der Schweiz tätigen Opernsängers

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem seiner aktuell erlassenen Urteile zur Besteuerung eines in Deutschland ansässigen und in der Schweiz tätigen Opernchorsängers entschieden (FG Baden Württemberg, Urteil vom 12.05.2016 - 3 K 3974/14; beim BFH I R 62/16 anhängig).

Hierzu im Einzelnen:
Im vorliegenden Fall war ein in Deutschland ansässiger Chortenor im Veranlagungszeitraum 2012 von einem Schweizer Opernhaus engagiert und übernachtete teilweise in der Schweiz in seinem Wohnmobil. Für seine Auftritte vor Publikum sowie für die Chorproben erhielt er ein entsprechendes Honorar. Von Seiten des Finanzgerichts wurde über die Frage der einkommensteuerlichen Behandlung der Einnahmen für Publikumsauftritte und für die Chorproben entschieden. 

1. Nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles käme allenfalls noch das Wohnmobil des Klägers als dessen Wohnsitz in der Schweiz in Betracht. Mobile Einrichtungen aller Art (wie z.B. auch Wohnmobile) sind allerdings keine Wohnung im Sinne von § 8 AO. Das heisst im vorliegenden Fall, hat der Kläger ausschliesslich in Deutschland einen Wohnsitz.

2. Für die in der Schweiz erzielten Einkünfte des Klägers steht Deutschland jedoch nur teilweise ein Besteuerungsrecht zu.

3. Das Finanzgericht entschied, dass bei den nichtselbständigen Einkünften als Opernsänger zwischen den Honoraren für Auftritte und für Proben zu differenzieren ist:

a) Bei den von den Arbeitgebern des Klägers gesondert abgerechneten Vergütungen (Honorare) für die Auftritte des Klägers bei der Aufführung von Opern handelt es sich um Einkünfte eines berufsmässigen Künstlers für eine in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübte Tätigkeit i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland-Schweiz. Diese Einkünfte unterliegen der Besteuerung in Deutschland, die in der Schweiz gezahlte Quellensteuer kann angerechnet werden (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Bst. d DBA Deutschland-Schweiz).

b) Demgegenüber sind die Vergütungen für die Probentätigkeit keine Einkünfte im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland-Schweiz, da der Kläger bei diesen nicht vor Publikum aufgetreten ist und somit nicht künstlerisch tätig geworden ist. Die Einkünfte unterliegen Art. 15 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 DBA Deutschland-Schweiz, nachdem ausschliesslich die Schweiz das Besteuerungsrecht zusteht. Diese Einkünfte sind in Deutschland unter Progessionsvorbehalt freigestellt.

c) Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass die in Art. 15a DBA Deutschland- Schweiz benannte Grenzgänger-Regelung hier keine Anwendung findet, da der Kläger mehr als 60 Nichtrückkehrtage hatte.

Gegen das Urteil wurde beim Bundesfinanzhof (im Folgenden: BFH; Az. I R 62/16) Revision eingelegt. Der BFH soll nun nochmals dazu Stellung nehmen, ob die auftritts- als auch probenbezogenen Vergütungen (einheitlich) als künstlerische Tätigkeit i.S. des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland-Schweiz qualifizieren sind oder ob die Einkünfte als nichtselbständige Tätigkeiten einzustufen sind. Es bleibt daher abzuwarten, wie der BFH hierzu entscheiden wird. Nach Veröffentlichung der Entscheidung werden wir Sie über diese informieren.

II. EU-Kommission kündigt neue Transparenzregelungen für Steuerberater an

Eine völlig neue Dimension der internationalen Transparenzentwicklung ist seitens der EU zu befürchten. Die Europäische Kommission will unter der Überschrift «Kampf gegen die Steuerflucht» neue Transparenzregelungen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Banker und Rechtsanwälte einführen. Diese sollen damit verpflichtet werden, sich an die Behörden zu wenden, wenn sie den Verdacht hätten, dass Mandanten Steuerhinterziehung begehen wollen. Dies schlug die EU-Kommission am 21.06.2017 in Brüssel vor.

Im Falle von Steuerhinterziehung ist ein entsprechendes Vorgehen nachvollziehbar, wenn gleich rechtstaatliche Grundsätze bereits sehr stark tangiert werden. Durch die Präzisierung durch EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici wird aber das wohl eigentliche Ansinnen klar.

Er stellte in einer Äusserung klar, dass die Steuerbehörden in die Lage versetzt werden sollen, dass sie über die notwendigen Informationen verfügen, um «aggressive Steuerplanungsstrategien» unterbinden zu können. Die Meldepflicht soll folglich nach Vorstellungen der EU-Kommission sowohl für die Berater als auch für ihre Kunden gelten. Verdächtig wären dabei etwa Überweisungen in Steuerparadiese. Oder auch Geschäfte mit Gebieten, die kaum gegen Geldwäsche vorgehen. Selbst Mehrfachsteuernachlässe in unterschiedlichen Ländern nennt die EU-Kommission als schädlich.

Die Vorschläge zur Meldepflicht für Berater können aber nur in Kraft treten, wenn die EU-Staaten zustimmen. Das Europaparlament muss hierzu angehört werden.

 Bei diesem Vorschlag der EU-Kommission stellt sich die Frage, wie Rechtsanwälte, Berater und dergleichen ihrer Geheimhaltungsverpflichtung (Mandatsverschwiegenheit) gewährleisten sollen.

Unter dem Deckmantel der Steuertransparenz werden bisher gekannte freiheitliche Grundgedanken immer weiter eingeschränkt. Es stellt sich die Frage, ob die legale Möglichkeit der Steuerplanung damit als nächstes auf der Agenda der EU steht. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Staaten diese Initiative – die gegebenenenfalls der Beginn weiterer massiver Eingriffe in die Souveränität der Bürger darstellen könnte – ablehnen werden.

(Bildquelle: © aristotoo/iStockphoto)




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