Strategisches HRM fordert Aktion statt Reaktion
6. Jun 2014, Wirtschaft | Strategisches HRM

Aktion statt Reaktion

Demographischer Wandel und der einhergehende Fachkräftemangel machen Schweizer Unternehmen zu schaffen – und wirken sich auf das Human Resource Management aus. 

Schweizer Unternehmen sind ständig neuen Herausforderungen ausgesetzt, wenn sie sich optimal auf die Zukunft einstellen wollen: Unsicherheiten im unternehmerischen Umfeld, zunehmende Globalisierung sowie steigende Dynamik und Volatilität der Märkte. Damit verbunden sind unvorhersehbare Ereignisse, die den Unternehmen zusätzlich zu schaffen machen.

So sind die Folgen der angenommenen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» für den Schweizer Arbeitsmarkt zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer abzuschätzen. Klar ist jedoch, dass die Umsetzung der Initiative den Kampf um Fachkräfte und den «War for Talents» noch weiter verschärfen wird. Die Rahmenbedingungen für eine Suche auf dem erweiterten Arbeitnehmermarkt EU/ EFTA werden erschwert und mögliche Restriktionen bei der Anstellung von ausländischen Arbeitnehmern stehen im Raum

Unternehmen können ihr Umfeld nicht oder nur sehr bedingt selbst beeinflussen. Zwar lassen sich durch geeignete Simulationen die Ursache-Wirkungs-Beziehungen einzelner Faktoren besser verstehen und einschätzen, eine Personalbedarfsplanung ist jedoch nur in einem begrenzten Rahmen möglich.

Differenzierung durch optimale Personalplanung

In Zeiten der Unsicherheit ist der nachhaltige Umgang mit Ressourcen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Um sich zu differenzieren, sind «einzigartige» Ressourcen massgeblich – nach dem Ansatz des «Resource-based View» bedeutet das: knapp, wertvoll, dauerhaft verfügbar, begrenzt imitierbar, schlecht transferierbar und beschränkt substituierbar. Die richtig qualifizierten Fachkräfte und ihre Kompetenzen erfüllen all diese Kriterien und stellen ein zentrales Alleinstellungsmerkmal für jedes Unternehmen dar. Diese können einerseits durch richtige Entscheidungen bei Neueinstellungen für das Unternehmen gewonnen und andererseits durch gezielte Weiterbildungsprogramme qualifiziert werden. Die geeigneten Personalinstrumente müssen daher vom Eintritt bis zum Austritt der Mitarbeitenden entwickelt, angepasst und eng miteinander verzahnt werden.

Auswirkungen der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»

Zum heutigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, welche Restriktionen die Umsetzung der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» für den Arbeitsmarkt zur Folge haben und wie die Europäische Union auf mögliche Einschränkungen der Personenfreizügigkeit reagieren wird.

Im Rahmen einer kürzlich durchgeführten Befragung hinsichtlich der möglichen Auswirkungen haben 88 Prozent der befragten Schweizer Finanzchefs angegeben, dass sie mit negativen Konsequenzen für die Schweiz rechnen. 69 Prozent der CFOs rechnen zukünftig auch mit negativen Konsequenzen für ihr Unternehmen. Als einer der am häufigsten genannten Nachteile wird eine erschwerte Personalsuche, insbesondere bei qualifizierten Fach- und Führungskräften, befürchtet.

Betrachtet man die Ergebnisse einer im Jahr 2012 von Kienbaum durchgeführten Studie, die sich mit dem zukünftigen Bedarf an Personalkompetenzen bei Banken befasst, zeigt sich deutlich, dass der Bedarf an Fachspezialisten und Facharbeiten zunehmen wird.

Bedarf an Personalkompetenzen bei Banken

Neueinstellungen von Managern und Spezialisten sind für Unternehmen erfolgskritisch, jedoch oft schwierig umsetzbar. Durch die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative wird diese Problematik tendenziell verschärft werden. Daher bedarf es neben der Fokussierung auf die Personalgewinnung ausserdem der strategieorientierten Ausrichtung der Personalentwicklung und -erhaltung.

Mitarbeiter als «einzigartige» Ressource nutzen

Wie bereits erwähnt, werden Mitarbeitende für ein Unternehmen vor allem angesichts ihrer Kompetenzen und deren richtiger Kombination zu einer «einzigartigen» Ressource. Eine Möglichkeit für Unternehmen, sich vom Wettbewerb zu differenzieren.

Die strategische Personalplanung – also die Planung der Bereitstellung dieser Ressource hinsichtlich Quantität, Qualität, Zeit und Ort – ist daher ein entscheidender unternehmerischer Erfolgsfaktor zur Erreichung der Unternehmensziele. Es ist folglich eine nicht delegierbare Aufgabe der Geschäftsleitung, sich um diese Fragestellung zu kümmern und somit die unternehmerische Zukunft aktiv zu gestalten und langfristig zu sichern.

Instrumente im strategischen Human Resource Management

Es gilt, den Umfang der heute vorhandenen Mitarbeitenden und ihre Kompetenzen zu evaluieren sowie aus der Unternehmensstrategie abzuleiten, welche Ressourcen zukünftig nötig sind. Ein Soll-Ist-Vergleich identifiziert allfällige Kompetenzlücken, die mit Hilfe entsprechender Personalinstrumente systematisch geschlossen werden.

Mittels diagnostischer Verfahren können beispielsweise in Development Centern Entwicklungspotenziale systematisch für ganze Bereiche ermittelt und danach in Trainingseinheiten effektiv und effizient im Sinne der strategischen Zielerreichung geschult werden.

Ein weiteres wichtiges Instrument stellt das richtige Vergütungsmodell und -management dar. Dieses sollte marktgerecht, auf die unternehmerische Zielsetzung zugeschnitten und für Mitarbeitende motivierend sein. Mit einer angemessenen Lohnpolitik kann ein weiterer Beitrag aus der Human-Ressourcen-Sicht zur strategischen Zielerreichung geleistet werden.

Die konsequente Anwendung und Abstimmung der Instrumente entlang der gesamten personalwirtschaftlichen Wertschöpfungskette unterstützt die strategische Zielerreichung und steigert die Attraktivität des Arbeitgebers. Talente und Potenzialträger werden im Sinne des Unternehmens richtig gefördert und mit gezielten Retention-Massnahmen ans Unternehmen gebunden. Auf diese Weise kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und eine deutlich bessere Positionierung im«War for Talents» erzielt werden.

Personalverantwortliche als strategischer Partner

Das Beispiel der Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» zeigt, dass zusätzlich zu den bekannten Faktoren – wie Globalisierung oder demographischer Wandel – weitere unvorhersehbare Umstände die Unternehmen beeinflussen. Die strategische Personalplanung gewinnt daher immer mehr an Bedeutung. Es ist zielführend, Personalverantwortliche als strategische Partner der Geschäftsleitung zu verstehen.

Im Rahmen der 2012/2013 von Kienbaum durchgeführten Studie «HR Strategie & Organisation» wurde jedoch deutlich, dass die Personalbereiche in ihrer Mehrheit weiterhin als administrative Dienstleister positioniert sind. Weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen leiten die HR-Strategie aus der Unternehmensstrategie ab. Das zeigt, dass noch viele Unternehmen einen erheblichen Nachholbedarf bei der Aufstellung ihrer Personalbereiche haben, um zukünftigen Herausforderungen nachhaltig zu begegnen. Für das Human Resource Management sollte die Handlungsmaxime daher vermehrt «Aktion statt Reaktion!» lauten.

(Bildquelle: © Sage78/iStockphoto)




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