Deutsche Unternehmen bleiben optimistisch
2. Jun 2014, Wirtschaft | Konjunkturumfrage

Deutsche Unternehmen bleiben optimistisch

Konjunkturumfrage der DIHK im Frühsommer 2014: Rund 80 Industrie- und Handelskammern fragen, 24.000 Unternehmer antworten. Martin Wansleben, DIHK-Hauptgeschäftsführer, und Alexander Schumann, DIHK-Chefvolkswirt äussern sich zum Pressegespräch am 27.Mai 2014.

(Martin Wansleben)

Dank der starken Binnenkonjunktur ist die deutsche Wirtschaft im Frühsommer 2014 in einer guten Verfassung. Ihre Dynamik überlagert die Störfaktoren – dazu zählt vor allem der nachlassende Schwung bei den Exporten. Die Geschäfte mit Russland leiden und im Inland sorgen sich die Unternehmen zunehmenden um das Fachkräfteangebot und die Arbeitskosten. Dennoch erwartet der DIHK zwei Prozent Wachstum für dieses Jahr. Ein Tempo, dass 2015 schwierig zu halten sein wird.

In diesem Jahr geht der DIHK auch aufgrund der Zuwanderung von zusätzlichen 300.000 Stellen aus (Prognose vom Jahresbeginn: 250.000). Die Arbeitslosigkeit sinkt voraussichtlich auf etwa 2,87 Millionen im Jahresdurchschnitt (Prognose vom Jahresbeginn: 2,9 Millionen).

Geschäftslage in Deutschland im Aufwind

Die Lagebewertung der Unternehmen erreicht im Frühsommer 2014 auf breiter Front gute Werte – das gilt für die Industrie im Allgemeinen und für die Exportbriebe im Besonderen. Die Eurozone als wichtigster Handelspartner Deutschlands erholt sich langsam aber sicher. Auch die Konjunktur in den USA hält Kurs. Alles in allem ist die Nachfrage aus Schwellenländern intakt.

Die Dynamik in der Industrie lässt in den kommenden Monaten allerdings nach. Exporteure nehmen ihre Erwartungen deutlich zurück. Hier hinterlassen Unsicherheiten bei der Auslandsnachfrage Ihre Spuren. Inzwischen dämpft die anhaltende Ukraine-Krise die Exporterwartungen. Neben steigenden Kosten trägt hierzulande trägt auch der starke Euro zur nachlassenden Exportdynamik bei. Alles in allem bleiben die Erwartungen knapp über dem langjährigen Durchschnitt.

Der Aufwärtstrend bei der Inlandsnachfrage setzt sich fort. Gründe sind Beschäftigungszuwachs und steigendes Einkommen. Zusätzlich sorgt der starke Euro für stabile Preise. Hersteller von Konsumgüter sind so zufrieden wie in keiner bisherigen Umfrage. Und auch im Handel verbessert sich die Stimmung. Bemerkenswert gut steht die Bauwirtschaft da. Den Ausschlag geben historisch niedrige Zinsen, steigende Einkommen sowie die Suche nach wertstabilen Vermögensanlagen.

Die Investitionsbereitschaft verbessert sich insgesamt leicht und die Finanzierungsbedingungen sind so günstig wie nie zuvor. So setzt sich das Stellenwachstum der letzten Jahre insgesamt fort. Da die Lohnsteigerungen zuletzt oberhalb der Produktivitätszuwächse lagen, fällt der Beschäftigungszuwachs mittlerweile schwächer aus – konträr der konjunkturellen Entwicklung. Wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen stehen der Nachfragebelebung und den guten Finanzierungsbedingungen gegenüber. Als Geschäftsrisiko für die kommenden Monate steigt der Fachrkäftemangel – und auch das Risiko Arbeitskosten bleibt auf dem Höchstwert.

Geschäftsrisiko No. 1: Energie- und Rohstoffpreise

Die Energie- und Rohstoffpreise bleiben 2014 Geschäftsrisiko Nummer eins. In der Einschätzung der Unternehmen zeichnet sich hier zumindest eine Atempause ab. Der Anteil dieses Geschäftsrisikos sinkt im Vergleich zur vorherigen Umfrage. Aktuell kommt kein Preisdruck von den importierten Energierohstoffen – nicht zuletzt dank des starken Euro. Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Öl- und Gasversorgung sind noch nicht abzusehen. Weniger schlimm als zu Jahresbeginn befürchtet sind die Bestimmungen zur besonderen Ausgleichsregel und zur Eigenerzeugung.

Die sinkenden Grosshandelspreise bei Strom kommen verstärkt bei den Unternehmen an. Zumindest übergangsweise ist die Erzeugungskapazität hoch. Ursache ist der deutliche Ausbau erneuerbarer Energien bei vorerst weiter laufenden konventionellen Kraftwerken. Für eine generelle Entwarnung besteht aber kein Anlass. Wichtige Elemente bei der Finanzierung der Energiewende sind noch unklar oder in Bewegung. Eine dauerhafte Kostendämpfung sowie eine Trendumkehr bei der Kostenbelastung gehören weiter ganz oben auf die Prioritätenliste der Bundesregierung.

(Alexander Schumann)

Steigender Fachkräftemangel im Fokus

Das Risiko Fachkräftemangel nimmt weiter zu, obwohl die Beschäftigungsabsichten nicht an Dynamik gewinnen. Besonders Dienstleiter haben aktuell Probleme, geeignetes Personal zu finden – dazu zählen insbesondere Gesundheits- und soziale Dienste, Architektur- und Ingenieurbüros oder Programmierung. Den höchsten Wert für das Fachkräfterisiko weist die Zeitarbeit aus.

Politische Massnahmen, die die Fachkräftesicherung erschweren, wirken sich noch an einer anderen Stelle aus. So sehen sich Branchen mit hohem Fachkräftemangel meist mit steigenden Löhnen konfrontiert. Das gilt für die genannten Dienstleistungsbranchen ebenso wie für die Industrie. Mehr als ein Drittel aller Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sehen in steigenden Arbeitskosten eine Gefahr – ein Rekordwert.

Ausserdem macht sich der geplante gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro bemerkbar. Zum zweiten Mal in Folge und anders als in der Gesamtwirtschaft fallen die Beschäftigungsabsichten in einigen betroffenen Branchen spürbar vorsichtiger aus als zuvor – dazu zählen zum Beispiel Taxigewerbe und Reinigungsdienste.

Bei anderen personalintensiven Branchen überlagert derzeit noch die gute Konsumentwicklung den wachsenden Druck bei den Arbeitskosten. Dennoch verschäft sich das Risiko weiter.

Wirtschaftspolitik vs. Unternehmenspläne

Wie stark sich Wirtschaftspolitik in den Unternehmensplänen auswirkt, zeigt sich zudem in intensiv regulierten Branchen. Beeinträchtigungen durch das Risiko «Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen» erwarten im Frühsommer vor allem das Kreditgewerbe, die Energieversorgung sowie die Versicherungswirtschaft.

Zusätzliche Belastungen für die Kreditinstitute entstehen insbesondere durch die weitere Umsetzung von Basel III, europäische Regulierungsvorhaben wie MiFiD II und die geplante Trennbankenverordnung – sowie im Zuge der Europäischen Bankenunion. Der Versicherungswirtschaft erwachsen Probleme aus der Niedrigzinspolitik und den neuen, strengeren Eigenkapitalanforderungen im Rahmen von «Solvency II». Die zum grossen Teil noch ungelösten Herausforderungen der Energiewende hinterlassen in der Energiewirtschaft tiefe Spuren.

Grössere Sorgen um die Wirtschaftspolitik schlagen sich auch in schlechteren Beschäftigungsabsichten nieder. So zeigt sich das Kreditgewerbe weiterhin deutlich zurückhaltend. Zugleich weitet die Branche ihre Investitionspläne aus. Ein grosser Teil der Vorhaben ist eine Reaktion auf die Regulierung – zum Beispiel die erhöhten Melde- und Dokumentationspflichten.

In der Energiewirtschaft zeigt sich ein ähnliches Muster: Starker Rückgang der Beschäftigungspläne bei steigenden Investitionsplänen – deutlich über dem Durchschnitt seit 2003.




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