Selbstanzeige durch Unternehmen im Schweizer Steuerrecht – Teil 2
14. Mär 2016, Recht & Steuern | Straflose Selbstanzeige

Selbstanzeige durch Unternehmen im Schweizer Steuerrecht (2/2)

Die Voraussetzungen einer straflosen Selbstanzeige sind bei verschiedenen Steuerarten zwar ähnlich, doch gibt es materielle Unterschiede – und diese gilt es zu beachten.

Der wohl bedeutendste Unterschied bei Gewinn- und Kapitalsteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben sowie Mehrwertsteuer liegt in der Anzahl der möglichen, straflosen Selbstanzeigen. Bei den genannten Steuerarten – mit Ausnahme der Mehrwertsteuer – ist sie grundsätzlich auf eine straflose Selbstanzeige begrenzt. Jedoch ist bei der Gewinn- und Kapitalsteuer der Zeitraum erst seit dem 1. Januar 2010 massgebend.

1. Einmalige Selbstanzeige

Sofern nur eine einmalige Selbstanzeige möglich ist, sieht das Gesetz explizit – oder im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundlagen – eine Reduktion der Strafe vor. Offene Fragen bestehen unter anderem bei Umstrukturierungen. Hierbei ist strittig, ob und welcher Gesellschaft eine bereits eingereichte Selbstanzeige bei einer Fusion, Spaltung oder Vermögensübertragung angerechnet wird. Ebenso ungeklärt ist die Frage, ob – sollte sich das Steuerstrafverfahren gegen die Gesellschaft selbst richten – die Erstmaligkeit lediglich bei der Gesellschaft oder zusätzlich bei deren Organe vorzuliegen hat.

Neben der teilweise bestehenden Voraussetzung (1.) der Einmaligkeit einer straflosen Selbstanzeige, bestehen die nachfolgend genannten drei weiteren Voraussetzungen. So setzt diese, vereinfacht gesagt, kumulativ ebenfalls voraus, dass

  • (2.) die Steuerbehörden von der Straftat keine Kenntnisse haben beziehungsweise die Selbstanzeige aus eigenem Antrieb erfolgt, 
  • (3.) die Steuerbehörden vorbehaltslos bei der Festsetzung der Nachsteuern unterstützt werden sowie 
  • (4.) eine ernsthafte Bemühung besteht, die nachgeforderten Steuern zu begleichen.

Gerade die zweite Voraussetzung bietet in der Praxis Stolpersteine und Unklarheiten. 

2. Stolpersteine und Unklarheiten

Die Frage, wann eine Behörde Kenntnis hat beziehungsweise die Anzeige aus eigenem Antrieb erfolgt, wird unterschiedlich gehandhabt. So ist diese Voraussetzung einerseits bereits dann nicht mehr gegeben, wenn:

  • irgendeine staatliche Stelle – wie etwa ein Zivilgericht – Kenntnis vom Sachverhalt hat.
  • eine Gesellschaft aufgrund einer angedrohten Denunziation einer Zivilperson bereits damit rechnen musste, dass der Sachverhalt zu einem späteren Zeitpunkt den Steuerbehörden zur Kenntnis gebracht wird.

Andererseits wird teilweise nur verlangt, dass der Sachverhalt der für die Festsetzung der betroffenen Steuer zuständigen Behörde nicht bekannt ist. Wird eine Selbstanzeige eingereicht, so dürfen keine relevanten und bekannten Sachverhaltselemente verschwiegen werden. Andernfalls droht die Ungültigkeit der Selbstanzeige auch für den offen gelegten Teil. Dieser Sachverhalt wird dann bedeutend, wenn die verantwortlichen Personen für den Steuerdelikt nicht mehr im Unternehmen sind. Ist eine vollständige Sachverhaltsabklärung nicht oder noch nicht möglich, sollte dies klar offen gelegt werden. Nur so kann der drohenden Aberkennung der Selbstanzeige entgegengewirkt werden.

3. Nachsteuerverfahren

Im anschliessenden Nachsteuerverfahren gilt es zudem, die Behörden zeitnah und vorbehaltlos bei der Aufklärung des Sachverhaltes zu unterstützen. Die Wirkung einer gültig eingereichten, straflosen Selbstanzeige besteht darin, dass:

  • von einer Strafverfolgung abgesehen wird
  • keine Strafe ausgesprochen wird

Im Bereich der Hinterziehung von Gewinn- und Kapitalsteuer wird zudem explizit festgehalten, dass die Straffreiheit sich auch auf andere, in diesem Zusammenhang stehende Delikte erstreckt. Dies sollte jedoch auch für Selbstanzeigen bei anderen Steuerarten gelten.

Abschliessend gilt es zu erwähnen, dass auch bei einer erfolgreichen, straflosen Selbstanzeige die hinterzogene Steuer weiterhin (mit wenigen Ausnahmen) vollständig geschuldet bleibt. Diese wird häufig mit ins Gewicht fallenden Zinsen nacherhoben.

Fazit

Die Bereinigung von Steuerdelikten liegt also nicht nur im Interesse der Gesellschaft, sondern zu weiten Teilen auch in unmittelbarem Interesse deren Organe. Wurde ein Steuerdelikt festgestellt, kann eine Selbstanzeige die Verurteilung der Gesellschaft beziehungsweise deren Organe verhindern.

Entscheidend ist, dass vor Einreichung einer Selbstanzeige für eine Steuerart analysiert wird, ob weitere Steuerarten betroffen sind. Trifft dies zu, ist eine gleichzeitige Einreichung der Selbstanzeigen ratsam – unter Beachtung der unterschiedlichen Verjährungsfristen sowie der unterschiedlichen, relevanten Sachverhaltsangaben.

Jedoch sollte nicht voreilig eine unvollständige Selbstanzeige eingereicht werden. Es gilt den Sachverhalt umfassend abzuklären und – sollte eine umfassende Aufklärung nicht möglich sein – dies offen gegenüber den Steuerbehörden zu deklarieren.

>> zum ersten Teil der Artikelreihe: Selbstanzeige durch Unternehmen im Schweizer Steuerrecht

(Bildquelle: © kokouu/iStockphoto)




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