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23. Jun 2021, Recht & Steuern | Arbeitsrecht

Neuer Betreuungsurlaub ab 1. Juli 2021

Mit dem Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung führte der Gesetzgeber in der Schweiz unter anderem zwei neue Arten der Arbeitsbefreiung für die Betreuung von Familienmitgliedern ein. Diese treten gestaffelt in Kraft. Die weitreichendste Massnahme, der bis zu 14-wöchige bezahlte Betreuungsurlaub für die Pflege schwerkranker Kinder, tritt per 1. Juli 2021 in Kraft. Die nachfolgenden Erläuterungen vermitteln einen kurzen Überblick über die Gesetzesänderungen.
Kurzzeitige Arbeitsabwesenheit zur Betreuung von Familienangehörigen
Bereits per 1. Januar 2021 wurde die kurzzeitige, bezahlte Arbeitsabwesenheit für die Pflege von Familienangehörigen eingeführt. Gemäss Gesetz hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Zeit, die zur Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung notwendig ist; der Urlaub beträgt höchstens drei Tage pro Ereignis und höchstens zehn Tage pro Jahr.
Zweck dieser kurzzeitigen Arbeitsabwesenheit ist einerseits die Pflege von Familienangehörigen bei kurzen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie die Gewährung der Zeit für die Organisation einer alternativen Betreuung. Mit dieser Massnahme wird eine bereits im (Arbeits-)Gesetz bestehende Regelung erweitert. Neu besteht der Anspruch auf Arbeitsbefreiung nicht nur für die Pflege kranker Kinder, sondern auch für die Pflege weiterer Familienmitglieder wie z.B. die Eltern, Ehepartner, eingetragene Partner oder gefestigte Lebenspartner. Ausserdem ist klargestellt, dass diese Zeit bezahlt ist, und zwar ohne Anrechnung an das jährliche Kontingent der Lohnfortzahlung.
Betreuungsurlaub für schwerkranke Kinder
Ab 1. Juli 2021 haben arbeitstätige Eltern eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes Anspruch auf einen bezahlten Betreuungsurlaub von bis zu 14 Wochen.
 
Anspruchsberechtigt sind Eltern eines schwerkranken Kindes. Als schwerwiegend gelten Beeinträchtigungen mit ungewissem oder schwer vorhersehbarem Verlauf, oder Beeinträchtigungen, bei denen der Ausgang des Heilungsverlaufs unklar ist. Beispielsweise gelten Knochenbrüche oder gar eine Lungenentzündung grundsätzlich nicht als schwere gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne dieser Gesetzgebung. Ausserdem wird vorausgesetzt, dass der Zustand zu einem erhöhten Betreuungsbedarf seitens der Eltern führt.
 
Diese Eltern haben Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von maximal 14 Wochen für die Pflege und Betreuung des schwerkranken Kindes. Der Betreuungsurlaub ist innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten zu beziehen und kann am Stück oder tageweise bezogen werden. Sind beide Eltern Arbeitnehmer, hat jeder Elternteil Anspruch auf einen 7-wöchigen Urlaub, wobei eine abweichende Aufteilung des Betreuungsurlaubs möglich ist.
 
Die Entschädigung erfolgt über die Erwerbsersatzordnung. Wie bei Dienstleistenden und bei Mutterschaft wird die Entschädigung in Form eines Taggelds ausbezahlt. Die Höhe des Taggelds beträgt 80% des Einkommens, maximal begrenzt auf CHF 196 pro Tag. Pro 5 Taggelder werden zwei zusätzliche Taggelder ausgerichtet, da auch an arbeitsfreien Tagen Anspruch auf die Entschädigung besteht. Somit können effektiv 70 Urlaubstage bezogen werden.
 
Eltern, die Betreuungsurlaub beziehen, kommen zudem in den Genuss eines neu geschaffenen Kündigungsschutzes: Arbeitgebende dürfen Arbeitnehmenden nicht kündigen, solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub besteht, längstens aber während sechs Monaten, an dem die Rahmenfrist zu laufen begann. Eine während dieser neu geschaffenen Sperrfrist ausgesprochene Kündigung wäre nichtig.
 
Mit diesen Gesetzesänderungen beabsichtigt der Gesetzgeber die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben zu fördern. Wie gut die neuen Regelungen in der Praxis umgesetzt werden, wird sich zeigen.



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