TORU - 3 Roboter im Einsatz bei FIEGE
12. Jul 2018, Wirtschaft | Start-up

Magazino: Intralogistik der Zukunft

Magazino begann 2014 als 3-Mann-Start Up in München. Seitdem ist das Unternehmen rasant gewachsen und beschäftigt heute bereits mehr als 90 Mitarbeitende. Ihre Vision: Das erste selbstdenkende und selbsthandelnde Warenlager der Welt.

Gelingen soll das unter anderem mit dem von Magazino entwickelten TORU, einem selbstständigen Roboter für stückgenaues Handling in der Intralogistik. TORU ist ein «Picker», der den Kommissionierungsprozess erstmalig voll automatisiert ohne den Faktor Mensch durchführt. Er navigiert durch Lager, lokalisiert, identifiziert und greift Objekte sicher aus dem Regal und legt sie an ihrem Bestimmungsort präzise wieder ab. Dabei helfen ihm eine Sensoren basierte Perzeptionssteuerung sowie 2D- und 3D-Kameras. TORU kann nicht nur 16 Stunden am Stück arbeiten, er weist auch eine hohe Arbeitsqualität auf, da Verwechslungen aufgrund von Unaufmerksamkeit ausgeschlossen sind. Aber wird dieser Roboter den Menschen ganz ersetzen? «Nein. Prozesse, die Menschen ausführen, werden weiterhin bestehen. Sie verschieben sich nur, ähnlich wie bei der Einführung des Computers in den Büros», sagt Benjamin Sommer, Senior Sales  Manager von Magazino, im Gespräch in Zürich.
Idee entstand 2015 auf einer Logistikfachmesse
Die Idee zu TORU entstand, als auf einer Logistikfachmesse 2015 viele Besucher die damalige Pick & Place Station von Magazino sahen und fragten, ob diese spezielle Fähigkeiten, also das Identifizieren und Lokalisieren über Kameras, sowie der nachfolgende Griff des Objektes, nicht auch auf einer mobilen Plattform in Versandlagern einsetzbar wäre. Dort wird schliesslich mit enorm hohem Personaleinsatz jede einzelne Online-Bestellung mühsam zusammengesucht und von Hand gepickt. Das war der Startschuss für die Entwicklung von TORU.
Schwierigkeiten des TORU soll neu entwickelter Roboter SOTO lösen
Der Einsatz von TORU hat in deutschen Firmen dann auch tatsächlich zu markanten Reduktionen der Lohn- und Prozesskosten geführt. Allerdings hat der Roboter in zu heterogenen Lagern noch seine Schwierigkeiten. Bis jetzt kommt er vor allem in den Bereichen zum Einsatz, wo es um Losgrösse 1 geht. Beispielsweise im Fulfillment von online bestellten Artikeln wie Schuhe oder Bücher. Denn das Greifen ist eine hochkomplizierte technische Aufgabe und TORU muss vor jedem Griff erst die genaue Position und Lage eines Objektes über seine Kameras herausfinden. «Es ist etwas paradox: Die für Mens «Es ist etwas paradox: Die für Menschen relativ anspruchsvollen Aufgaben wie Differentialrechnung sind für Computer keine grosse Sache. Aber die einfachsten Dinge für den Menschen, wie die Hand-Auge-Koordination, sind technisch sehr komplex» chen relativ anspruchsvollen Aufgaben wie Differentialrechnung sind für Computer keine grosse Sache. Aber die einfachsten Dinge für den Menschen, wie die Hand-Auge-Koordination, sind technisch sehr komplex» sagt Benjamin Sommer. Das präzise Greifen, oder «Picking», gelingt TORU bis jetzt am besten bei Objekten mit der Grösse und Form eines Schuhkartons. Doch an einer Lösung für andere Formate wird bereits gearbeitet: Zurzeit entwickelt Magazino den Roboter SOTO, der zukünftig auch grössere Kartons, Boxen und Kleinladungsträger selbständig entnehmen, transportieren und ablegen kann.
Gründungsumfeld ausschlaggebend für Wachstums des Start Ups
Dass Magazino so stark und rasch wachsen konnte, liegt nicht nur an der bemerkenswerten Geschäftsidee, sondern auch am Gründungsumfeld. In München entwickle sich laut Benjamin Sommer so etwas wie ein deutsches High-Tech Start Up-Hub. Das ist zum einen auf eine ausgezeichnete Universitäts-Infrastruktur zurückzuführen. Zum anderen spielt die Nähe zu namhaften Unternehmen, die zentral in München sitzen, eine wichtige Rolle. «Ausserdem sind Programmierer und Software Engineers in München schlicht bezahlbarer als im Silicon Valley» bemerkt Sommer im Gespräch. Entscheidend auf ihrem Weg zum Erfolg war für die Gründer «UnternehmerTUM», das  «Center for Innovation and Business Creation» an der Technischen Universität München. Die TUM unterstützte bei der Antragstellung für ein EXIST-Gründerstipendium, stellte Know-How und Coaches bereit und vermittelte wertvolle Kontakte. 2015 stieg Siemens mit seinem auf Zukunftstechnologien fokussierten Investmentfonds bei Magazino ein und 2018 konnten in einer Finanzierungsrunde der internationale Technologiekonzern Körber, Cellcom, Zalando, sowie Fiege Logistik als Investoren dazugewonnen werden. «Weil unsere Technologie sehr kostenintensiv ist, sind wir auf Investoren angewiesen», erklärt Sommer, «und UnternehmerTUM hat die für uns überaus wichtigen Kontakte hergestellt».
Start Ups haben eine besondere Atmosphäre
Benjamin Sommer ist seit Juni 2017 bei Magazino, dessen Mitarbeitenden ein Durchschnittsalter von gerade einmal 29 Jahren haben. Er schätzt an Start Ups die besondere Atmosphäre, die nicht mit grösseren Unternehmen zu vergleichen sei. Es herrsche ein ausgeprägter Zusammenhalt in einer tollen Umgebung, wo die Bedürfnisse junger Mitarbeiter verstanden werden. «Man lässt die Leute auch mehr machen. Man übernimmt schnell Verantwortung und hat kurze Entscheidungswege», stellt er fest. Eine Herausforderung bestünde darin, die mitunter sehr kurzlebigen Phasen des Unternehmens rechtzeitig zu erkennen und entsprechend handlungsfähig zu bleiben.
Produkte richten sich an Lageristen
Nun soll TORU nach Europa herausgetragen und SOTO zur Marktreife gebracht werden. Dabei richtet sich Magazino mit seinen Produkten vor allem an Lageristen, weniger an reine Spediteure. Die Intralogistik wird zum Teil von Unternehmen selbst übernommen oder auch häufig an Dritte ausgelagert («Third Party Logistics»).
Auch wenn in der Schweiz viele Fulfillment-Tätigkeiten ins grenznahe Ausland ausgelagert sind, ist der Markt aufgrund des sehr hohen Lohnniveaus äusserst spannend für den Einsatz der Roboter. «Wir konnten bereits erste wertvolle Kontakte knüpfen und sind auf der Suche nach weiteren Anwendungsfällen in der Schuh- oder Fashionlogistik», betont  Benjamin Sommer.
 

www.magazino.eu




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