Deutsche Binnenkonjunktur dank privatem Verbrauch und Baubranche weiterhin robust
20. Nov 2019, Wirtschaft | Aussenhandel Deutschland Schweiz

Aussenhandel Deutschland-Schweiz im Herbst 2019 schwächer - Aussichten für 2020 intakt

Die negativen Nachrichten zur Wirtschaftsentwicklung häufen sich in den letzten Wochen. Die Weltwirtschaft schwächelt wie lange nicht. Im aktuellen Ranking der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Weltwirtschaftsforums (WEF) rutscht Deutschland von Platz 3 auf Platz 7 und die Schweiz von Platz 4 auf Platz 5. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China bremst die Aussenwirtschaft und hinzu kommen die Unwägbarkeiten des Brexits. Bei so viel «Moll» fragt sich, wie es um den Wirtschaftsaustausch Deutschland-Schweiz steht.

Aussenhandel Deutschland Schweiz verlangsamt

Der Aussenhandel Deutschland-Schweiz von Januar bis September 2019 zeigt eine Seitwärtsbewegung, bei unterschiedlicher Entwicklung der Handelsrichtung: Im Vorjahresvergleich verzeichnen die Schweizer Exporte nach Deutschland ein Plus von 2,7% und die Importe aus Deutschland ein Minus von 1,5%. Deutlich im Minus liegt der Bereich der Metallwaren, der auch viele Zulieferprodukte miteinschliesst. Hier sind die Exporte nach Deutschland 9,4%, und die Importe um 5% unter dem Vorjahr. Nicht viel besser schneidet das Ergebnis im Bereich der Maschinen- und Elektroindustrie und der Fahrzeuglieferungen ab. Ohne das deutliche Exportplus im Chemie- und Pharmabereich von 11%, wäre der Export der Schweiz nach Deutschland rückläufig. Das bedeutet insgesamt eine Verlangsamung des Aussenwirtschaftsverkehrs auf hohem Niveau, was die derzeitige Konjunktur in Deutschland und der Schweiz gut widerspiegelt.

Mit der Verschlechterung des internationalen Umfelds wurde auch die Wachstumsprognose für die Schweizer Wirtschaft für 2019 auf 0,8% zurückgenommen (Prog. Juni 1,2%). Für das nächste Jahr wird wieder ein BIP Wachstum von 1,7% erwartet. Neben den geringen aussenwirtschaftlichen Impulsen hat sich auch die Binnenkonjunktur in der Schweiz etwas eingetrübt, was sich in einer leichten Abkühlung der Geschäftslage im Detailhandel und im Baugewerbe niederschlägt. Akzentuierter zeigt sich die verhaltene Geschäftslage im Verarbeitenden Gewerbe der Schweiz. Nach Umfragen der Prognoseinstitute ist hier der Auftragsbestand spürbar rückläufig und die Erträge geraten unter Druck. Dabei haben die Betriebe im Aussenhandel mit einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbsposition durch einen wieder stärkeren Schweizer Franken zu kämpfen.

Keine Rezession in Deutschland – Industrie im Tief

Die Konjunkturentwicklung in Deutschland, dem wichtigsten Absatzmarkt der Schweiz mit einem Exportmarktanteil von 28%, wird beim Blick über die Grenze besonders beachtet. Auch hier wurden die BIP Zahlen nach unten korrigiert. Aktuell wird ein Wachstum von 0,5% für 2019 erwartet und 1,1% für 2020. Die Exportwirtschaft ist gleich wie in der Schweiz von der schwachen Entwicklung der Weltwirtschaft betroffen. Dagegen erweist sich die Binnenkonjunktur weiterhin sehr robust. Der private Verbrauch ist stabil, die Baukonjunktur floriert weiter. Ebenso wie in der Schweiz ist im Wesentlichen das Verarbeitende Gewerbe rückläufig. Die Industrieproduktion in Deutschland befindet sich seit Monaten in einer Schwächephase, die besonders die Automobilindustrie betrifft. Doch jüngst sind dort auch wieder steigende Produktionszahlen gemeldet worden. Doch die Konjunkturexperten der deutschen Bundesbank sagen es treffend: «Ob die Aufwärtskräftestark genug sind, um ein ausreichendes Gegengewicht zur Industrieschwäche zu bilden, ist allerdings fraglich». Doch eine aufziehende Rezession wird nichtgesehen. Auch die Schweizer Exporteure wird es freuen: Die Deutsche Bundesbankerwartet nicht das Ende der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsphase. Vielmehr dürfte der gesamtwirtschaftliche Auslastungsgrad zum Jahresende von einer überdurchschnittlichen Auslastung, in eine Normalauslastung einmünden.

Risiko Weltwirtschaft und Unsicherheit der Beziehungen Schweiz-EU

Neben dem abgekühlten Wachstum der der Weltwirtschaft stellt auch die Unsicherheit in Bezug auf die künftigen Beziehungen Schweiz-EU, vor allem das bisher nicht zustande gekommenen Rahmenabkommen, ein besonderes Risiko für die Schweizer Wirtschaft dar.

Ein Scheitern des Abkommens hätte auch direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz mit einem Handelsvolumen von über 85 Mrd. EUR, d.h. Importe und Exporte von 350 Mio. täglich und die Schweiz gehört zu den 10 wichtigsten Handelspartnern Deutschlands. Der Erhalt und der Ausbau des gegenseitigen Marktzugangs sind deswegen zentral. Sollte das Rahmenabkommen nicht angenommen werden, blieben die bestehenden bilateralen Verträge zwar grundsätzlich in Kraft, doch zu einem Abschlussneuer Abkommen dürfte es kaum mehr kommen. Zum anderen droht ein Erodieren der bestehenden Abkommen, da Updates in vielen Fällen nicht mehr erfolgen. Angesichts der engen Verflechtung kann die Wirtschaft auf beiden Seiten nur verlieren. Durch eine mangelnde gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen wird die Normenäquivalenz tatsächlich relativ schnell erodieren, mit entsprechenden negativen Folgen. Das Rahmenabkommen Schweiz-EU bietet die Chance, den «Bilateralen Weg» Weg auf eine langfristig zukunftsfähige Basis zu stellen und die notwendige Rechtssicherheit für die Betriebe zu schaffen. Deshalb muss der Dialog konstruktiv fortgesetzt und so schnell als möglich die offenen Frageneiner beidseitig akzeptierten Lösung zugeführt werden.

Mit der sogenannten «Begrenzungsinitiative» steht in der Schweiz voraussichtlich im Mai 2020 zudem eine weitere Volkabstimmung bevor, die die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU zum Ziel hat. Die Konsequenzen einer Annahme wären sehr einschneidend. Das ganze Vertragswerk der Bilateralen Abkommen I würde zur Kündigung anstehen, da das Personenfreizügigkeitsabkommen vertraglich mit den anderen sechs Abkommen verbunden ist und das ganze Vertragspaket praktisch automatisch ausser Kraft gesetzt würde. Die «Bilateralen Abkommen» stehen für 20 Jahre Erfolgsgeschichte. Die Errungenschaft der Liberalisierung vieler Wirtschaftsbereiche im grenzüberscheitenden Wirtschaftsverkehr zwischen der Schweiz und der EU darf nicht – auch nicht teilweise – aufgehoben werden.




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