Schweizer Exporteure sollten sich frühzeitig erkundigen, ob und in welcher Höhe der Post- bzw. Kurierdienst eine Servicepauschale verrechnet
21. Okt 2021, Recht & Steuern | Besteuerung

Aktuelles aus dem Rechts- und Steuergeschehen Schweiz-Deutschland

Doppelbesteuerungsabkommen, Umsatzsteuerliche Bestimmung des Veranstaltungsortes, Kurzarbeitsentschädigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten uvm.

DEUTSCHLAND: Nichtrückkehrtage eines Grenzgängers nach dem Doppelbesteuerungsabkommen DE-CH

Der deutsche Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 30. September 2020 (I R37/17) entschieden, dass Tage, an denen der Steuerpflichtige von einer Geschäftsreise aus dem Drittland tatsächlich an seinen Wohnsitz zurückkehrt, nicht zu den Nichtrückkehrtagen i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA Deutschland-Schweiz gehören. Entsprechendes gilt für Geschäftsreisen an Wochenend- und Feiertagen, sofern die Arbeit an diesen Tagen nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart ist und der Arbeitgeber für die an diesen Tagen geleistete Arbeit weder einen anderweitigen Freizeitausgleich noch ein zusätzliches Entgelt gewährt, sondern lediglich die Reisekosten übernimmt.

Praxishinweis: Der BFH hat eine anders lautende Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 20. Dezember 2010 als Verstoss gegen den Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 des deutschen Grundgesetzes) gewertet.

DEUTSCHLAND: Abschaffung der Zollfreigrenze in Höhe von EUR 22

Im Zuge des MWST-Digitalpaketes wurde per 01. Juli 2021 die Befreiung von der deutschen Einfuhrumsatzsteuer für Waren in kommerziellen Kleinsendungen mit einem Wert bis zu EUR 22 abgeschafft. Sendungen mit einem Warenwert von EUR 150 und darunter sind aber weiterhin zollfrei. Grundsätzlich muss damit für jede Sendung aus der Schweiz eine Zollanmeldung abgegeben werden. Schweizer Unternehmen, die das sog. Import-One-Stop-Shop (IOSS) beim Bundeszentralamt für Steuern anwenden, können weiterhin die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer bei einem Sachwert von unter EUR 150 in Anspruch nehmen.

Praxishinweis: Schweizer Exporteure sollten sich frühzeitig erkundigen, ob und in welcher Höhe der Post- bzw. Kurierdienst eine Servicepauschale verrechnet, wenn diese Zollanmeldungen abgeben und die Abgaben an die Zoll- bzw. Steuerverwaltung abführen.

DEUTSCHLAND: Umsatzsteuerliche Bestimmung des Veranstaltungsortes

Mit BMF-Schreiben vom 09. Juni 2021 (II C 3 – S 7117-b/20/10002:002 – DOK 2021/0661491) wurde die Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. März 2019 (C-647/17, Srf konsulterna) angepasst. Neu ist die allgemeine Zugänglichkeit zur Veranstaltung kein Kriterium für die Leistungsortbestimmungen bei Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft mehr, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist. Darüber hinaus wurde im BMF-Schreiben für Online-Seminare, die an Unternehmer als Leistungsempfänger erbracht werden, festgehalten, dass sich die Ortsbestimmung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3 Abs. 2 UStG richtet.

Praxishinweis für Veranstalter von Webinaren: Bei Online-Seminaren, bei denen der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, ist der Umsatz dort steuerbar, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Bei der Teilnahme von Nichtunternehmern an Online-Seminaren ist der Leistungsort dort, wo die Leistung tatsächlich erbracht wird (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 lit. a UStG).

DEUTSCHLAND: Besteuerung von in Deutschland registriertem IP – Schweizer Unternehmen müssen neue Vorschriften beachten! – UPDATE

Wie bereits in der CH-D Wirtschaft Ausgabe 1/2021 Seite 16 berichtet, wird die beschränkte Steuerpflicht in Deutschland allein durch die Tatsache ausgelöst, dass ein in Deutschland registriertes IP besteht. Dazu gehören z. B. auch Patente, die aufgrund einer Anmeldung beim Europäischen Patent- und Markenamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen in das deutsche Register eingetragen sind (so BMF-Schreiben vom 6. November 2020, 2020/1009219). Es muss dabei weder zu einer Verwertung in Deutschland kommen noch muss ein weiterer Deutschlandbezug bestehen. Es reicht allein die Eintragung des IP in ein deutsches Register als Anknüpfungspunkt aus. Mit BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007-; DOK 2021/0003450) hatte das deutsche Bundesfinanzministerium Verfahrensvereinfachungen für Vergütungen festgelegt, die vor dem 30. September 2021 zugeflossen sind. Das Bundesfinanzministerium hat nun im BMF-Schreiben vom 14. Juli 2021 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007 DOK 2021/0549633) festgehalten, dass die Verfahrenserleichterungen aus dem BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 auch für Vergütungen in Anspruch genommen werden können, die dem Vergütungsgläubiger nach dem 30. September 2021, aber vor dem 01. Juli 2022 zufliessen. Der Antrag auf Freistellung muss bis zum 30. Juni 2022 beim Bundeszentralamt für Steuern gestellt werden.

Praxishinweis: Die Frist für den Freistellungsantrag beim Bundeszentralamt für Steuern per 30. Juni 2022 sollten sich Schweizer Unternehmen vormerken.

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SCHWEIZ: Geplante Revision des Entsendegesetzes

Am 28. April 2021 hat der Schweizer Bundesrat den Gesetzesentwurf zur Revision des Entsendegesetzes verabschiedet. Zukünftig sollen sich Entsendebetriebe an kantonale Mindestlöhne halten müssen. Ebenso sollen ArbeitnehmerInnen, die ihren gewöhnlichen Arbeitsort ausserhalb des entsprechenden Kantons haben, den kantonalen Mindestlohn des Einsatzortes erhalten. Es schliesst sich nun der parlamentarische Weg an.

SCHWEIZ: Entscheid des Bundesgerichts zur Kurzarbeitsentschädigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ohne Betrieb bzw. Betriebszweig in der Schweiz

Am 15. April 2021 (8C_781/2020) hat das Schweizer Bundesgericht zur Kurzarbeitsentschädigung bei einem grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnis entschieden. Bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Arbeitgeber mit Sitz in Österreich, der einen in der Schweiz wohnhaften und hier arbeitenden Aussendienstmitarbeiter ohne einen Betrieb bzw. Betriebszweig in der Schweiz als Aussendienstmitarbeiter beschäftigte. Der Mitarbeiter unterlag der Sozialversicherung in der Schweiz, d.h. es wurden Sozialversicherungsbeiträge (inklusive Arbeitslosenversicherung) in der Schweiz abgeführt. Obwohl die Sozialversicherungsbeiträge in der Schweiz abgeführt werden, lehnte das Bundesgericht einen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung ab, da ein Betrieb bzw. Betriebszweig in der Schweiz fehlt und die Kurzarbeitsentschädigung von zusätzlichen betriebsbezogenen Voraussetzungen abhängt.

Stellungnahme: Das Ergebnis ist für grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse stossend. Zwar werden Sozialversicherungsbeiträge in der Schweiz in der in Rede stehenden Konstellation entrichtet. Es können aber keine Leistungen auf Kurzarbeitsentschädigung in der Schweiz bezogen werden. Würde sich der Fall auf einen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland beziehen, würde der Mitarbeiter auch kein deutsches Kurzarbeitergeld erhalten, da der Mitarbeiter in Deutschland keine Sozialversicherungsbeiträge einzahlt. Wird der Mitarbeiter in dieser Konstellation arbeitslos, erhält er aus der Schweiz die Arbeitslosenentschädigung. Letztlich wäre für diese Konstellationen der grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnisse eine internationale Lösung erstrebenswert, für die sich die Handelskammer einsetzt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse im Zuge vermehrter Homeofficetätigkeit zunehmen werden.

SCHWEIZ/DEUTSCHLAND: Corona-Massnahmen im Bereich der Einkommensversteuerung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen sowie der Unterstellung bei der Sozialversicherung

Bei der sozialversicherungsrechtlichen Unterstellung einer Person soll sich durch Corona-Massnahmen, insbesondere bei einem Homeoffice von Grenzgängern, keine Änderung ergeben. Im Verhältnis Deutschland – Schweiz bleibt es zumindest bis zum 31. Dezember 2021 bei einer flexiblen Anwendung der Versicherungsunterstellung, wonach eine Person auch dann als in der Schweiz erwerbstätig angesehen wird, wenn sie ihre Tätigkeit hier physisch nicht ausüben kann. Bei der Versteuerung des Arbeitslohns bzw. der staatlichen Unterstützungsleistungen an unselbständig Erwerbstätige soll die Konsultationsvereinbarung vom 11. Juni 2020 einschliesslich der Ergänzungen vom 30. November 2020 bzw. 27. April 2021 bis mindestens 30. September 2021 in Kraft bleiben und nicht vorher gekündigt werden.




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