AIRBUS
29. Apr 2020, Wirtschaft | Verteidigung

Wirtschaft mit Sicherheit – Ja

Eine Summe von bis zu 8 Milliarden Franken plant der Bundesrat aktuell für die Sicherheit des Schweizer Luftraums zu investieren. Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge mit maximal 6 Milliarden Franken ist dabei ein zentraler Bestandteil des eidgenössischen Beschaffungsprogramms Air2030. Weshalb diese grossen Investitionen?

In welchem Masse können Schweizer Unternehmen von diesen Vorhaben profitieren? Welche Rolle spielen die engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland?

Sicherheit und eine erfolgreiche Wirtschaft sind miteinander eng verbunden. Ohne Sicherheit keine Freiheit und Unabhängigkeit. Ohne Sicherheit gibt es keine Wirtschaft, die erfolgreich ist und Wohlstand garantiert. Allerdings ist Sicherheit leider keine Selbstverständlichkeit und es bedarf wirksamer Schutzmechanismen und -mittel in Zeiten sich ändernder Rahmenbedingungen und externen Einflüssen. Insbesondere als neutraler Staat will und muss die Schweiz ihren Schutz selbst wirksam sicherstellen. Die Schweizer Armee erfüllt diese Grundaufgabe; ihre Luftwaffe sorgt für die notwendige Sicherheit in der Luft – in Friedens- und in Krisenzeiten. Die Luftwaffe erfüllt damit auch die völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Umsetzung der Hoheitsgewalt über das Staatsgebiet und seinen Luftraum. In Zeiten von bewaffneten Spannungen hat die Luftwaffe den Auftrag, die Schweizer Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen.
Tag für Tag ist der Personen- und Warenverkehr auf einen sicheren Luftraum angewiesen. Ohne Nutzung des Luftraums wäre ein weltweiter Austausch von Waren im heutigen Umfang nicht möglich. In keinem anderen Transportsektor werden so hohe Zuwachsraten erreicht. Dabei ist der Himmel über der Schweiz der am dichtesten beflogene Luftraum Europas. Aufgrund der zentralen Lage durchqueren täglich rund 2.000 Flüge den Schweizer Luftraum, rund 1.300 Flugzeuge starten und landen pro Tag auf einem Schweizer Flughafen. Insgesamt sind das pro Jahr 1,2 Millionen Flugbewegungen. Circa 40% der wertmässigen Exporte verlassen die Schweiz über den Luftweg, ein Drittel der ausländischen Touristen erreicht die Schweiz per Flugzeug. In Verbindung mit der direkten Wertschöpfung (rund 120 Milliarden Franken pro Jahr) und der Beschäftigungszahl in der Luftfahrtindustrie (rund 70.000 Personen) zeigt dies die enorme wirtschaftliche Bedeutung eines freien und sicheren Luftraums über der Schweiz.

Wie jeder Verkehrsraum benötigt auch der Luftraum entsprechende Schutzmechanismen und -mittel zur Überwachung und Umsetzung der geltenden Regeln. Dieser sogenannte Luftpolizeidienst wird durch die Luftwaffe mittels Kampfflugzeuge sichergestellt. Dabei ist die Fähigkeit zur schnellen Intervention, d.h. überdurchschnittliche Geschwindigkeit und Steigleistung der Flugzeuge wesentlich. Der intensiv genutzte Luftraum, die geringe topographische Ausdehnung und die alpine Beschaffenheit der Schweiz stellen dabei höchste Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der eingesetzten Flugzeuge.

Heute betreibt die Schweizer Luftwaffe insgesamt 55 Kampfflugzeuge zur Sicherung des Luftraums: 25 Flugzeuge vom Typ F-5 Tiger (im Einsatz seit 1978) und 30 Flugzeuge vom Typ F/A-18 Hornet (im Einsatz seit 1997). Der Typ Tiger ist eingeschränkt, tagsüber bei guter Sicht, für den Luftpolizeidienst in Friedenszeiten tauglich; bei Interventionen in Krisenzeiten, z.B. Luftkampf, sind die Tiger laut Verteidigungsdepartement VBS «völlig chancenlos». Die Hornet ist aktuell noch vollumfänglich im Luftpolizeidienst einsetzbar. Es wird allerdings erwartet, dass auch die Hornet nach 2030 – trotz Nutzungsdauerverlängerung - nicht mehr wirksam betrieben werden kann. Hintergrund sind zunehmende Schädigungen wesentlicher struktureller Bauteile aufgrund der hohen Anforderungen an die Flugzeuge.

Im Ergebnis steht die Schweiz aktuell vor der Herausforderung, die vorhandenen Schutzmittel für die Luftsicherheit zu ersetzen. Erfolgt keine Erneuerung, ist die Schweiz spätestens 2030 nicht mehr in der Lage ihren Luftraum zu sichern und somit schutzlos vor Bedrohungen aus der Luft.

Unter dem Projektnamen Air2030 hat deshalb der Bundesrat in den letzten Jahren die Erneuerung der Luftverteidigung auf den Weg gebracht: Die bodengestützte Luftverteidigung soll für bis zu 2 Milliarden Franken erneuert werden. Neue Kampfflugzeuge mit einem Finanzvolumen von bis maximal 6 Milliarden Franken sollen die heutigen Systeme nach dem Ende Ihrer Nutzungsdauer im Zeitraum 2025 bis 2030 ersetzen. Alles in allem: ein notwendiges Investment in die zukünftige Sicherheit der Schweiz.

Nach den Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten (F/A-18 Hornet Beschaffung im Jahr 1993 und Entscheidung zum Flugzeugtyp Gripen im Jahr 2014), bzw. der großen Tragweite ist diese Beschaffung möglicher Gegenstand eines Referendums. Mit über 70.000 Unterschriften haben Kritiker der Beschaffung das Quorum für das Referendum bereits vor Abschluss der Frist erreicht. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass am 27. September die grundsätzliche Frage der Beschaffung von Flugzeugen (Ja oder Nein) zur Abstimmung kommen wird. Allerdings ist nur mit einem positiven Votum für die Beschaffung auch die zukünftige Relevanz der Luftwaffe und der Schweizer Armee sichergestellt. Ohne Beschaffung neuer Kampfflugzeuge kann die Armee ihren Auftrag unmöglich erfüllen. Die notwendige Sicherheit in der Luft – in Friedens- und in Krisenzeiten könnte bei einer Ablehnung nicht aufrechterhalten werden – mit fatalen Auswirkungen auf die notwendigen Lebensadern einer Wirtschaft, die erfolgreich ist und Wohlstand garantiert. «Es geht nicht nur darum, Kampfflugzeuge (…) zu beschaffen. Es geht um den Schutz aller Menschen in der Schweiz, den Schutz unseres Landes und der Infrastruktur, die nötig ist, damit unsere Gesellschaft, unser Staat und unsere Wirtschaft funktionieren.» Bundesrätin Viola Amherd, Chefin VBS in VBS Broschüre Air2030, Februar 2020.

Im Sinne der passenden Lösung für die Schweiz haben das VBS und seine Beschaffungsbehörde armasuisse verschiedene Optionen untersucht. Als Folge wurden Mitte 2018 die Nationen Deutschland, Frankreich, Schweden und die USA zu einem Bieterwettbewerb für neue Kampfflugzeuge eingeladen. Nach einer ersten Angebotsrunde und Flugerprobungen in der Schweiz 2019 sind aktuell noch die folgenden vier Kandidaten im Rennen (jeweils mit Herstellerfirma und Flugzeugtyp): Deutschland (Airbus, Eurofighter), Frankreich (Dassault, Rafale), USA (Boeing, Superhornet und Lockheed-Martin, F-35). Alle Kandidaten sind aktuell angefragt, bis Mitte August eine überarbeitete (und finale) Offerte für 40 Flugzeuge vorzulegen. Im Falle eines erfolgreichen Referendums werden diese Angebote dann für die Typenauswahl (voraussichtlich im ersten Quartal 2021) herangezogen. Der Bundesrat wird dann dem Parlament den Typ in der Armeebotschaft 2022 zur Beschaffung beantragen, sodass der ab 2025 notwendige Ersatz beginnen kann.

Offset als Chance für die Schweiz

Zum Wohle der eidgenössischen Wirtschaft verlangt die Schweiz von ausländischen Lieferanten, Beschaffungsaufträge durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz zu kompensieren (sogenannte «Offsets»).

Insgesamt 60% des Vertragswertes müssen die Anbieter in diesem Fall der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge durch Wirtschaftsleistung in der Schweiz erbringen: 20% davon mit direktem Bezug zur Beschaffung (z.B. Voll- oder Teillizenzfertigung, Lieferung von Baugruppen, Komponenten und Einzelteilen des Kampflugzeuges). 40% sind durch Aufträge an den Bereich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB) zu kompensieren. Zu diesem indirekten Offset zählen z.B. sicherheitstechnologisch relevante Aufträge (über die Kampflugzeuge hinaus) aus dem Einflussbereich der Hersteller oder der Zugang zu solchen Aufträgen und Forschungs- und Entwicklungsthemen. Durch dieses Verfahren sind die Schweiz und ihre Industrie gleich doppelt im Vorteil: Zum einen durch den Gewinn an Autonomie zum Betrieb des neuen Luftfahrtzeug-Typs, zum anderen durch einen breiten und einfachen Zugang zu Lieferketten, Technologie und Knowhow der Anbieterfirmen und der Chance auf zusätzliche Aufträge für Schweizer Firmen.

Starke Partner, richtiger Zeitpunkt

Die Schweiz und Deutschland als vertrauensvolle Nachbarn stehen vor ähnlichen Herausforderungen bei Verteidigung und Sicherheit im Herzen Europas. Beide Länder haben hervorragende wirtschaftliche Beziehungen. Die deutsche Bundesregierung unterstützt deshalb das Beschaffungsvorhaben der Schweiz, und nimmt an der laufenden Offertenanfrage mit Airbus und dem Eurofighter teil. Für Deutschland ist die Schweiz ein strategischer Partner – demnach engagiert sich Deutschland in diesem Prozess: Neben den Flugzeugen werden auch konkrete Massnahmen zur weitergehenden Kooperation (über die Kampfflugzeugbeschaffung hinaus) Bestandteil des Angebots sein.
Die Bundeswehr hat sich entschieden, ihre Kampfflugzeugflotte ebenfalls zu erneuern. Im vergleichbaren Zeitraum zu Air2030 hat sich Deutschland für die Beschaffung der neuesten Generation des Eurofighter ausgesprochen. Die Beschaffung zusammen mit Deutschland ermöglicht der Schweiz weitreichende Synergien und Mehrwert bei Beschaffung und Betrieb. Ein gemeinsames Vorgehen mit dem Eurofighter-Betreiber Deutschland bürgt für eine risikoarme Lösung, vor allem in den kritischen Bereichen Lieferzeitpunkt, Fähigkeiten und Kostentransparenz.

Die Beschaffung des Eurofighter durch die Schweiz wäre auch aus Sicht der Schweizer Wirtschaft von grossem Vorteil. Als Europas größter Luft- und Raumfahrtkonzern arbeitet Airbus bereits heute mit mehr als 200 Partnern und Zulieferern aus allen Regionen der Schweiz erfolgreich zusammen. Darüber hinaus sind die Eurofighter-Industrie-Partner mit einem Auftragsbestand von mehr als 1.300 Milliarden Euro auf weitere verlässliche Partner angewiesen. Schweizer Unternehmen bieten hierfür großes Potenzial. Airbus ermöglicht die Zusammenarbeit in zukunftsträchtigen Bereichen und Technologiefeldern, beispielsweise Urban Mobility, Cybersicherheit oder Raumfahrt. Airbus kann so dabei helfen, dass Schweizer Industrie langfristig Zugang zu Schlüsseltechnologien erhält. Die außergewöhnliche Erfahrung von Airbus bei der erfolgreichen Etablierung internationaler Lieferketten, gepaart mit innovativen Produkten und wirtschaftlicher Stärke ist die Basis für die erfolgreiche Umsetzung realistischer und verlässlicher Kooperationsprojekte; Projekte, die auch für alle Parteien wirtschaftlich überzeugend sind. Airbus und seine Partner sind aktuell in der Schweiz aktiv, diese Projekte und weitere Zusammenarbeit mit Schweizer Unternehmen zu identifizieren.

Die Airbus DS Schweiz GmbH in Bern berät gerne zu Möglichkeiten der industriellen Kooperation mit Airbus und Eurofighter und gibt bei Fragen rund um den Eurofighter Auskunft. Für weitere Informationen zu Air2030 hat das VBS unter www.vbs.admin.ch ein umfassendes Dossier veröffentlicht.




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