Pharma-Kooperations-Kodex - Zeit zu handeln
19. Mär 2014, Wirtschaft | Pharmaindustrie

Pharma-Kooperations-Kodex: Zeit zu handeln

Am 1. Januar 2014 trat der Pharma-Kooperations-Kodex in Kraft. Damit wurde die Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Fachkreisen und Patientenorganisationen teilweise neu regelt: Die Beziehungen sollen transparenter werden, und sämtliche Zahlungen und geldwerten Vorteile müssen in absehbarer Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dies hat zunächst Konsequenzen für Verträge und die administrative Erfassung von gewährten Vorteilen.

In den USA sind mit dem «Physician Payments Sunshine Act of 2009» Bestimmungen in Kraft getreten, wonach Unternehmen den Behörden Zuwendungen an Fachpersonen und Spitäler melden müssen und diese dann veröffentlicht werden. In Europa reagierte der europäische Verband der pharmazeutischen Industrie EFPIA auf den global herrschenden Transparenzdruck und die Entwicklung in den USA mit der Einführung des EFPIA HCP/HCO Disclosure Code - welcher auf den 1. Januar 2014 in Kraft trat. Die nationalen Verbände, in der Schweiz scienceindustries, mussten hierauf gestützt ihre Codes of Practice anpassen. Anders als in den USA beruhen diese Transparenzregeln auf einem privatrechtlichen Regelwerk, welches nur Unternehmen bindet, die den Kodex unterzeichnet haben und die verschreibungspflichtige Arzneimittel herstellen oder vertreiben - erfahrungsgemäss also der Grossteil der Pharmaunternehmen. Zudem haben die Regelwerke als Formulierung der herrschenden good practice auch einen grossen Einfluss auf das Verhalten von Nicht-Unterzeichnern.

Neue Transparenz, mehr Regeln

In der Schweiz wurden die Regeln über die Zusammenarbeit der Industrie mit Fachpersonen, Gesundheitsversorgungs-Organisationen und Patientenorganisationen aus dem bestehenden Pharma-Kodex (PK) in den neuen Pharma-Kooperations-Kodex (PKK) übertragen. Die bereits bestehenden Regeln für die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen und die Offenlegung entsprechender Zuwendungen gelten im Rahmen des PKK unverändert weiter. Im PKK sind die neuen Offenlegungspflichten bezüglich geldwerter Leistungen an Fachpersonen und Gesundheitsversorgungs-Organisation sowie die Modalitäten der Offenlegung geregelt.

Von der neuen Offenlegungspflicht sind mit wenigen Ausnahmen sämtliche Zuwendungen erfasst - also z.B. auch die finanzielle Unterstützung von Kongressteilnahmen. Unter die Ausnahmen fallen z.B. Arzneimittelmuster und Mahlzeiten bis höchstens CHF 150 pro Person (vgl. Ziffer 233 PKK). Die Offenlegung muss jeweils pro Kalenderjahr und im Grundsatz individuell unter Nennung des Empfängers erfolgen.

Gemäss den detaillierten Regeln in Ziffer 27 PKK ist für bestimmte Kategorien von Vorteilen eine zusammengefasste Offenlegung pro Gesundheitsversorgungs-Organisation möglich. Eine Ausnahme von der namentlichen Offenlegung ist für die Unterstützung von Forschung und Entwicklung im Gesundheitsbereich vorgesehen. Diese kann für alle Gesundheitsversorgungs-Organisationen und alle Fachpersonen jeweils zusammengefasst offengelegt werden (Ziffer 275.3 PKK). Die Publikation muss auf einer öffentlich zugänglichen Website des Unternehmens vorgenommen werden (Ziffer 26 PKK) - in der Schweiz oder auf internationaler Ebene.

Die Veröffentlichung hat erstmals bis 30. Juni 2016 für die im Jahr 2015 erbrachten Zuwendungen zu erfolgen. Die Daten müssen jeweils während drei Jahren zugänglich bleiben (Ziffer 25 PKK). Für betroffene Unternehmen besteht aber bereits in nächster Zeit Handlungsbedarf. Denn seit 1. Januar 2014 ist allen Beratungs- und Dienstleistungsverträgen der neue PKK zugrunde zu legen (Ziffer 216 und 821 PKK). Per 1. Juli 2014 tritt das konkretisierte Vorteilsverbot (Ziffern 142 und 143 in Verbindung mit Ziffer 823 PKK) in Kraft. Verträge mit Fachpersonen und Gesundheitsversorgungs-Organisationen, auf deren Grundlage (auch) 2015 Leistungen erbracht werden (z.B. längerfristige Unterstützung von Weiter- und Fortbildung), sind bereits vor 2015 an die neuen Offenlegungspflichten anzupassen.

Offenlegung und Datenschutz

Bei der Offenlegung von Zuwendungen müssen grundsätzlich die geldwerten Leistungen individualisiert genannt und der Empfänger namentlich bekannt gegeben werden (Ziffer 27 PKK). Die Offenlegungspflicht hat daher auch datenschutzrechtliche Aspekte. Ziffer 232 PKK verlangt entsprechend, dass in Verträgen mit Fachpersonen und Gesundheitsversorgungs-Organisationen auf die Offenlegungspflicht hingewiesen und die Zustimmung der Vertragspartner zur Offenlegung eingeholt wird.

Um den Datenschutzregeln gerecht zu werden, muss der Hinweis auf die Offenlegungspflicht genügend konkret und umfassend sein, so dass der Betroffene über den Zweck und den Umfang der Veröffentlichung und der dazu notwendigen Datenbearbeitung ausreichend informiert ist und die Zustimmung in Kenntnis der Sachlage erfolgt.

In gewissen Fällen wird eine Klausel einzig in den Verträgen mit dem direkten Empfänger des geldwerten Vorteils nicht ausreichend sein. Die in Ziffer 27 PKK vorgesehene zusammengefasste Offenlegung ermöglicht nämlich, dass Zuwendungen an Fachpersonen auch zusammengefasst unter dem Namen der Gesundheitsversorgungs-Organisation offengelegt werden können, die diese Fachpersonen beschäftigt (vgl. Ziffern 274.2 und 276 PKK). Umgekehrt sieht Ziffer 277 vor, dass Leistungen, welche über Gesundheitsversorgungs-Organisationen indirekt einer gewissen Fachperson zukommen, wenn möglich individuell unter dem Namen der Fachperson offenzulegen sind. In solchen Fällen werden Daten unter dem Namen von Personen veröffentlicht, die unter Umständen keinen Vertrag mit der Pharmafirma geschlossen haben. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften können in diesen Situationen durch eine zusätzliche separate Einwilligungserklärung oder durch Einbezug der zusätzlich betroffenen Organisation oder Fachperson in die Grundvereinbarung eingehalten werden.

Handlungsbedarf

Für die Pharmafirmen, welche sich dem Pharma-Kooperations-Kodex anschliessen oder schon angeschlossen haben, ergibt sich der nachfolgende Handlungsbedarf:

  • Rechtzeitige Anpassung der Verträge und Vertragsvorlagen, d.h.:
    • In Beratungs- und Dienstleistungsverträgen sollte ein Hinweis eingefügt werden, dass den Verträgen auch der PKK zugrunde liegt.
    • Die Vertragsvorlagen sollten mit einem ausreichenden Hinweis auf die Offenlegungspflicht und der entsprechenden Einwilligung des Vorteilsempfängers ergänzt werden. Die Vertragsergänzung ist mit bereits bestehenden Datenschutzklauseln abzugleichen. Für Verträge, gestützt auf die im Jahr 2015 Leistungen erbracht werden, sollten bereits die neuen Vorlagen verwendet werden. Bestehende, bis 2015 oder länger dauernde Vereinbarungen sollten ebenfalls entsprechend angepasst werden.
    • Wenn Daten unter dem Namen einer Gesundheitsversorgungs-Organisation oder einer Fachperson veröffentlicht werden sollen, die (bisher) nicht der Vertragspartner der Pharmafirma ist, muss auch von dieser Organisation oder Person die Einwilligung zur Offenlegung eingeholt werden. Das kann durch Mitunterzeichnung der Vereinbarung oder eine separate Einwilligungserklärung erfolgen.
  • Schulung der zuständigen Mitarbeiter in Bezug auf die Regeln des PKK und die im Zusammenhang damit anwendbaren rechtlichen Bestimmungen (Ziffer 41 PKK).
  • Beachtung des konkretisierten Vorteilsverbots gemäss Ziffern 142 und 143 PKK.
  • Erlass bzw. Anpassung von SOPs.

Eine grössere Projektaufgabe wird zudem auch die IT-technische und administrative Implementierung der neuen Anforderungen bis zur ersten Veröffentlichung 2016 darstellen.

(Bildquelle: © vschlichting/iStockphoto)




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