Energiestrategie 2050 – Herausforderungen für die Bauwirtschaft Schweiz
12. Dez 2013, Wirtschaft | Energiestrategie 2050

Herausforderungen für die Bauwirtschaft Schweiz

Die Schweizer Ingenieure unterstützen die Energiestrategie 2050 des Bundesrats und weisen bereits heute auf die Herausforderungen für die Bauwirtschaft hin.

Eine repräsentative Umfrage unter den Mitgliedern der Schweizerischen Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen usic zeigt deutlich, dass die Schweizer Ingenieure die Energiestrategie 2050 des Bundesrats grundsätzlich unterstützen. Die Mehrheit der Schweizer Ingenieurunternehmen glaubt daran, dass die Energiewende wie vom Bundesrat skizziert möglich ist. Zudem sind sie bereit, in die Umsetzung zu investieren. Gleichzeitig weisen Sie darauf hin, dass die Politik nun gefordert ist, entsprechende Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft zu schaffen.

Der Schweiz steht ein energiepolitisches Jahrhundertprojekt bevor. Die vom Bundesrat beschlossene Energiewende wird die Situation der Schweizer Baubranche grundlegend verändern. Bei der Umsetzung stellen die Schweizer Ingenieure die Hauptakteure dar, schliesslich steht und fällt jedes Bauprojekt mit den planerischen Arbeiten der Ingenieure. Und von den verschiedensten Bauprojekten wird die erfolgreiche Umsetzung der Energiestrategie 2050 abhängen.

Die Ziele des Bundesrats sind grundsätzlich realisierbar

Drei Viertel der usic-Mitgliedsunternehmungen sind grundsätzlich mit den drei Stossrichtungen der Energiestrategie 2050 einverstanden: Verbesserung der Energieeffizienz, Ausbau des Anteils erneuerbarer Energie, Einsatz fossiler Stromproduktion und Stromimporte zur Versorgungssicherheit.

Die im Mai dieses Jahres durchgeführte Mitgliederbefragung zeigt allerdings auch, dass gewisse Knacknüsse bestehen. Aus Sicht der Befragten gehört dazu der Einsatz fossiler Stromproduktion, die mangelnde Versorgungssicherheit und die damit einhergehende Abhängigkeit von Stromimporten sowie die generelle Verbannung der Kernenergie. Hier muss die Politik bei einem Teil der Schweizer Ingenieure noch Überzeugungsarbeit leisten. Eine der grossen Herausforderungen in der Umsetzung der Energiestrategie 2050 ist die Bereitstellung des notwendigen Fachwissens und der erforderlichen Kapazitäten für den Rückbau bestehender Schweizer Atomkraftwerke.

Investitionen in Forschungs- und Ausbildungszentren der Baubranche

Nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima hat sich die eidgenössische Politik 2011 zum Ziel gesetzt, mittelfristig aus der Kernenergie auszusteigen. Die Umfrage der usic hat gezeigt, dass der Rückbau von bestehenden Kernkraftwerken in der Schweiz eine besondere, aber bisher wenig diskutierte Herausforderung innerhalb der Energiestrategie 2050 darstellt. Rund 90 Prozent der Befragten gaben an, in ihren Unternehmen heute nicht über das notwendige Wissen und die Kapazitäten zum Rückbau bestehender Schweizer Atomkraftwerke zu verfügen. Dieser Punkt muss somit zwingend in die Planung neuer Forschungs- und Ausbildungszentren im Rahmen der Energiestrategie 2050 aufgenommen werden - damit die Bauwirtschaft die benötigten Kompetenzen aufbauen kann.

Nutzen der vorhandenen Energieeffizienzpotentiale im Bereich Gebäude

Die Schweiz verfügt über 1.64 Millionen Wohngebäude, in denen grosses Potential zur Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien liegen. Bund und Kanton verfolgen im Gebäudebereich eine gesamtheitliche Strategie. Diese sieht vor, Potentiale in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien sowie Abwärme im Strom- und Wärmebereich weitgehend auszuschöpfen. Für das langfristige Ziel eines CO2-freien Gebäudeparks sollen neue Gebäude ab 2020 möglichst ganzjährig mit Wärme aus erneuerbaren Quellen und teilweise eigenproduziertem Strom versorgt werden.

Mit der Festlegung eines Zwischenziels von minus 22 Prozent gegenüber 1990 - durch die CO2-Verordnung vom 30. November 2012 für 2015 - werden die CO2-Emissionen aus dem Gebäudebereich bis 2020 deutlich gesenkt. Auch die Quote an energetischen Sanierungen in bestehenden Gebäudeparks wird stark erhöht. Künftig werden gebäudetechnische Anlagen energieeffizient betrieben. Dafür sollen bauliche Massnahmen so geplant und durchgeführt werden, dass die bau-kulturellen Werte des Gebäudebestandes möglichst erhalten bleiben.

Das erste Massnahmenpaket zur Zielerreichung durch den Bund und die Kantone sieht vor, die Sanierungsrate mittels Erhöhung der CO2-Abgabe und Verstärkung des Gebäudeprogramms anzuheben. Unter Wahrung der verfassungsmässigen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen werden damit bisherige Instrumente optimiert und verstärkt. Parallel dazu verschärfen die Kantone ihre Gebäudevorschriften mit einer Revision der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn).

Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft

Für die Ingenieure in der Schweiz ist es von zentraler Bedeutung, dass für die erfolgreiche Umsetzung der Energiestrategie 2050 bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind. Dazu gehört explizit die Schaffung von mehr Planungs- und Rechtssicherheit, um die notwendigen Investitionen auszulösen. Dementsprechend gilt es, die Bewilligungsverfahren zu harmonisieren, vereinfachen und zu verschlanken. Die Politik ist gefordert, klarere Prioritäten und Regelungen zur Lösung von Interessenskonflikten zwischen Versorgungssicherheit und Umweltschutzanliegen zu schaffen. Zudem sollten Forschung und Lehre im Bereich Energie sowie die Bildung und Nutzung zentraler Wissenspools zu sämtlichen energierelevanten Themen gestärkt und gefördert werden.

Das spezifische Fachwissen der Ingenieurinnen und Ingenieure ist für die Baubranche und die gesamte Volkswirtschaft in diesem Kontext unverzichtbar. Deshalb gilt es, diese möglichst zeitnah in die Planung und die Umsetzung der Energiestrategie 2050 mit einzubeziehen. Schon heute arbeiten die Ingenieurinnen und Ingenieure als planerische Speerspitze des Bausektors an der Schweiz von morgen – insbesondere auch im Energiebereich. Nur mit innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen können die vielfältigen Herausforderungen der Energiewende von Ingenieursseite her aktiv mit bewältigt werden.

Ingenieurunternehmen bieten aktive Unterstützung in der Energiewende

Trotz aller Herausforderungen und Unklarheiten: Die Schweizer Ingenieurunternehmen glauben daran, dass die Realisation der Energiewende, wie vom Bundesrat skizziert, durch die Schweizer Baubranche möglich ist. Und die Umfrage zeigt, dass sie auch bereit sind, darin zu investieren. So gaben rund 67 Prozent der usic-Mitglieder an, sie wollen die notwendigen Kapazitäten und personellen Ressourcen aufbauen, um die angestrebte Energiewende mit langfristig geplanten Massnahmen aktiv zu unterstützen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Schweizer Ingenieurbranche und damit die Planungsverantwortlichen der Schweizer Baubranche bereit und gewillt ist, aktiv bei der Bewältigung der Energiewende mitzuwirken. Nun liegt der Ball bei der Politik, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.

(Bildquelle: © sculpies/iStockphoto)




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