Grundlagen der Verjährung von Ansprüchen im deutschen Recht
13. Jun 2016, Recht & Steuern | Schadensersatz

Grundlagen der Verjährung von Ansprüchen im deutschen Recht

Kommt es zwischen Vertragspartnern zum Streit über das Bestehen eines Anspruchs – etwa Vertragserfüllung, Gewährleistung oder Schadensersatz –, sollte man stets die Verjährung im Blick behalten. Denn diese entscheidet, ob die Geltendmachung eines Anspruchs durchsetzbar ist oder nicht.

1. Dauer und Beginn

Während Schweizer Wissenschaftler und Gesetzgeber an neuen Verjährungsregeln feilen, hat Deutschland das zum 01.01.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts genutzt: Die Verjährungsregeln wurden vereinheitlicht und grösstenteils verkürzt. 

Die Regelverjährung beträgt in Deutschland drei Jahre – ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (subjektive Frist).

  • Die objektive, kenntnisunabhängige Höchstgrenze der Verjährung beträgt 10 beziehungsweise 30 Jahre.
  • Im Kauf- und Werkvertragsrecht beträgt die Verjährung sogar nur zwei Jahre ab Kauf beziehungsweise Abnahme – ausser bei Sachen für oder dem Errichten von Bauwerken.

Auf die Kenntnis des Mangels kommt es hier nicht an. Gerade in Regressfällen kann diese Frist schnell erreicht sein. In Deutschland werden Ansprüche daher zumeist sehr konsequent verfolgt.

Sofern mehrere Pflichten zugleich verletzt werden – etwa mehrere Sach- oder Werkmängel, Beratungsvertrag mit mehreren Falschaussagen –, beginnt die Verjährung für jede Pflichtverletzung gesondert. Dies ist gerade bei der kenntnisabhängigen Verjährung von Bedeutung, wenn der Anspruchsinhaber erst nach und nach von den einzelnen Pflichtverletzungen erfährt.

2. Möglichkeiten zur «Unterbrechung» der Verjährung

Von besonderer Bedeutung sind Möglichkeiten, die Verjährung zu unterbrechen. In der Praxis sind insbesondere Verjährungsverzichtsregelungen und die Tatbestände der Verjährungshemmung relevant. Die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich sollten auch ausländische Unternehmen kennen.

  • Verjährungshemmung

Die Verjährung kann durch bestimmte Massnahmen gehemmt werden. Diese hat zur Folge, dass der Zeitraum – für den die Verjährung gehemmt ist – nicht in die Verjährungsfrist einberechnet wird. Die Verjährung wird somit unterbrochen und läuft nach Ende des Hemmungstatbestands weiter.

Praxisrelevant ist vor allem die Hemmung durch aktive Rechtsverfolgung – wie die Einleitung gewisser Prozesse oder prozessvorbereitenden Massnahmen. Auch die Verjährungshemmung während Verhandlungen zwischen den Parteien spielt in der deutschen Rechtspraxis eine grosse Rolle.

  • Verjährungsverzicht

Neben den prozessualen Möglichkeiten der Zivilprozessordnung steht es den Parteien – in gewissen Grenzen – frei, einen Verjährungsverzicht zu vereinbaren. Rechtsdogmatisch handelt es sich bei der Verjährung um eine Einrede, die der Schuldner geltend machen muss. Diese wird vom Gericht nicht von Amts wegen berücksichtigt.

  • Die Parteien können vereinbaren, dass der Schuldner für eine gewisse Zeit auf die Einrede der Verjährung verzichtet – zum Beispiel während über einen Vergleich verhandelt wird.
  • Finden parallel Verhandlungen über den Anspruch statt, ist die Verjährung ohnehin gehemmt.
  • Auch Verhandlungen über einen Einredeverzicht können verjährungshemmende Verhandlungen darstellen.

Häufig bittet der Gläubiger um einen Verjährungsverzicht, wenn er sich kurz vor Eintritt der Verjährung Gedanken darüber macht, ob er den Anspruch überhaupt verfolgen soll und wenn ja, auf welche Weise. In der Regel möchte der Gläubiger dann im Vorfeld von Verhandlungen sicherstellen, dass er keine Verjährung riskiert und die oben dargestellten Unsicherheiten vermeiden. Zugleich will er nicht gezwungen sein, andere – oft kostenintensivere – Schritte zur Verjährungshemmung (wie Klageeinreichung oder Antrag auf Mahnbescheid) einzuleiten.

  • Gemengelage

Die Gemengelage ist beim Verjährungsverzicht allerdings ähnlich wie bei der Verjährungshemmung durch Verhandlungen: Sofern der Schuldner sich nicht auf Verhandlungen einlassen will, wird er auch kaum einem Verjährungsverzicht zustimmen.

Vorteil einer Verjährungsverzichtsregelung – so die Parteien sich denn auf eine einigen – ist, dass der zeitliche Rahmen festgehalten wird. Damit besteht keine Unsicherheit darüber, wann die Verjährung wieder zu laufen beginnt. Sofern die Parteien also ernsthaft versuchen wollen, die Angelegenheit einvernehmlich zu klären, kann trotz des Hemmungstatbestands der Verhandlung eine Regelung zum Verjährungsverzicht sinnvoll sein.




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