Besteuerung internationaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
2. Apr 2020, Recht & Steuern | Besteuerung

Besteuerung internationaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Es kommt in der Praxis häufig vor, dass Mitarbeitende sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz eingesetzt werden. So werden z.B. Mitarbeitende für eine gewisse Zeit von ihrem deutschen Arbeitgeber in die Schweiz entsandt, arbeiten als Grenzgänger bzw. internationale Wochenaufenthalter oder sind vom Home-Office aus tätig. In solchen internationalen Konstellationen stellen sich oft komplizierte steuerliche Fragen. Die folgenden Punkte sollen einen Überblick über die in der Schweiz geltenden Besteuerungsregeln geben. Es wird dabei auch unterschieden, wo der Arbeitgeber des betreffenden Mitarbeiters ansässig ist.

1. Home-Office in Deutschland

Definition: Arbeitnehmer, die nicht in der Schweiz, sondern vom Home-Office in Deutschland aus ihre Tätigkeit verrichten,
wo sie auch ansässig sind. Besteuerung: Auf dem Salär, welches der Schweizer Arbeitgeber an den Arbeitnehmer in Deutschland zahlt, muss grundsätzlich keine Schweizer Steuer entrichtet werden, da der Arbeitnehmer seine Tätigkeit
nicht in der Schweiz ausübt. Eine Ausnahme bilden von der Schweizer Gesellschaft entrichtete Verwaltungsratshonorare und ähnliche Vergütungen, diese unterliegen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz bzw. den Arbeitsort der Quellensteuer in der Schweiz. Je nach der Funktion des Arbeitnehmers besteht für den Schweizer Arbeitgeber jedoch das Risiko in Deutschland eine steuerliche Betriebsstätte zu begründen und so in Deutschland steuerpflichtig zu werden. Vor allem leitende Funktionen (sog. C-Level-Funktionen) sowie die Bevollmächtigung des Arbeitnehmers im Namen und auf Rechnung des Schweizer Arbeitgebers Verträge in Deutschland abzuschliessen, bergen ein solches Risiko. Hier geht es allerdings um die Gewinnsteuern der Schweizer Gesellschaft. 

2. Echte Grenzgänger (Art. 15a DBA CH-D)

Definition: Arbeitnehmer, die physisch in der Schweiz arbeiten und an max. 60 Arbeitstagen pro Jahr nicht an ihren Wohnsitz in Deutschland zurückkehren.

Besteuerung: Qualifiziert ein Arbeitnehmer als Grenzgänger i.S.v. Art. 15a Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz – Deutschland («DBA CH-D») und reicht er den Schweizer Steuerbehörden eine Ansässigkeitsbescheinigung aus Deutschland ein, ist die in der Schweiz zu erhebende Quellensteuer auf 4.5% des Bruttolohnes beschränkt. Nur der Teil des Salärs, welcher auf die physisch in der Schweiz verbrachten Arbeitstage fällt, unterliegt der Steuer von 4.5%. Der Arbeitnehmer muss das gesamte Schweizer Salär in seiner deutschen Steuererklärung deklarieren. Die Schweizer Quellensteuer wird an die deutsche Steuer angerechnet. Die Quellensteuer von 4.5% unterliegt nicht der Tarifkorrektur (vgl. Ziff.3 unten). Art. 15a DBA CH-D kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen ist, das für die Ablieferung der Quellensteuer verantwortlich ist. Befindet sich der Arbeitgeber in Deutschland, gelten die für Wochenaufenthalter anwendbaren Regeln (vgl. Ziff. 3 unten).

3. Unechte Grenzgänger und Wochenaufenthalter

Definition: Grenzgänger, die nicht unter Art. 15a DBA CH-D fallen sowie Arbeitnehmer, die unter der Woche in der Schweiz arbeiten und am Wochenende und für Ferien nach Deutschland zurückkehren.

Arbeitgeber in Deutschland
Solange der Arbeitnehmer seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, wird er in der Schweiz beschränkt steuerpflichtig und muss lediglich den Teil des Salärs, welcher auf seine physisch in der Schweiz verbrachten Arbeitstage entfällt, in der Schweiz versteuern (vgl. aber nachfolgend Monteurklausel). Die übrigen Arbeitstage unterliegen grundsätzlich in Deutschland als Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers der Besteuerung. Damit die Ausscheidung auf die in Deutschland bzw. der Schweiz oder Drittstaaten gearbeiteten Tage korrekt vorgenommen werden kann, muss der Arbeitnehmer Buch führen, an welchen Tagen er in welchem Land gearbeitet hat. Gehen die Schweizer Steuerbehörden nicht von einem faktischen Arbeitgeber aus, muss der Arbeitnehmer in der Schweiz eine ordentliche Steuererklärung einreichen.Die rechtzeitige und korrekte Einreichung liegt seiner Verantwortung. Er muss in der Steuererklärung sein gesamtes Einkommen aus Erwerbstätigkeit deklarieren und angeben, welcher Teil des Einkommens auf Schweizer und welcher auf ausländische Arbeitstage entfällt. Die Besteuerung erfolgt nur auf dem Schweizer Einkommen, jedoch zum Satz des weltweiten Einkommens aus Erwerbstätigkeit. Falls der Arbeitnehmer nur einen Teil seiner Tätigkeit in der Schweiz ausübt (und den Rest z.B. im Homeoffice in Deutschland) darf die Schweiz unter folgenden Voraussetzungen das Salär überhaupt nicht besteuern (sog. Monteurklausel i.S.v. Art. 15 Abs. 2 DBA CH-D):

  • Der Arbeitnehmer hält sich weniger als 183 Tage innert 12 Monaten in der Schweiz auf (private Aufenthaltstage gelten als Aufenthaltstage);
  • Das Salär wird nicht für oder von einer Schweizer Gesellschaft bezahlt;
  • Das Salär wird nicht von einer Betriebsstätte getragen, die der deutsche Arbeitgeber in der Schweiz hat.

Werden Arbeitnehmer im Konzernverhältnis für über 3 Monate in die Schweiz eingesetzt, besteht jedoch das Risiko, dass die Schweizer Steuerbehörden die Schweizer Konzerngesellschaft als sog. faktische Arbeitgeberin betrachten und die Schweizer Gesellschaft die Quellensteuer auf dem Salär des Arbeitnehmers abrechnen muss. Die Monteurklausel kommt nicht zur Anwendung.

Arbeitgeber in der Schweiz
Solange der Arbeitnehmer seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, wird er in der Schweiz beschränkt steuerpflichtig und muss lediglich den Teil des Salärs, welcher auf seine physisch in der Schweiz verbrachten Arbeitstage entfällt, in der Schweiz versteuern. Die Monteurklausel (siehe oben) kann jedoch nicht angewandt werden. Es ist somit stets das Salär für sämtliche in der Schweiz gearbeiteten Tage hier zu versteuern. Der Schweizer Arbeitgeber muss die Einkommenssteuer im Quellensteuerverfahren abrechnen und direkt vom Salär des Arbeitnehmers in Abzug bringen. Er muss hierbei den für das gesamte Salär geltenden Steuersatz anwenden. Wenn sich das Salär z.B. auf CHF 10'000 pro
Monat beläuft und der Arbeitnehmer 70% in diesem Monat in der Schweiz gearbeitet hat (und 30% ausserhalb der Schweiz), muss der Arbeitgeber auf CHF 7'000 zum Satz von CHF 10'000 Schweizer Quellensteuer abrechnen. Der Arbeitnehmer kann nach Ablauf des Kalenderjahres bei der zuständigen Schweizer Steuerbehörde einen sog. Antrag auf Tarifkorrektur einreichen. Mit diesem können u.a. die Wochenaufenthaltskosten (v.a. Fahrtkosten und Schweizer Mietkosten) oder aber auch Weiterbildungskosten etc. berücksichtigt werden, womit eine teilweise Rückerstattung der Quellensteuer erreicht werden kann. Ab 01.01.2021 wird der Antrag auf Tarifkorrektur durch den Antrag auf nachträglich
ordentliche Veranlagung ersetzt. Ein solcher kann nur dann eingereicht werden,wenn mind. 90% der weltweiten Bruttoeinkünfte – inkl. Einkünfte des Ehepartners – in der Schweiz versteuert werden. Diese Praxis besteht in einigen Kantonen bereits heute für die Tarifkorrektur.

4. In der Schweiz ansässiger Mitarbeiter

Definition: Arbeitnehmer, die entweder bereits in der Schweiz wohnen oder ihren Wohnsitz (d.h. ihren Lebensmittelpunkt) in die Schweiz verlegen.

Arbeitgeber in Deutschland
Der Arbeitnehmer unterliegt grundsätzlich mit seinem gesamten Gehalt der Einkommenssteuer in der Schweiz. Nicht der Schweizer Einkommenssteuer unterliegt der Teil des Salärs für die physisch in Deutschland ausgeübte Tätigkeit. Auch wenn der Arbeitnehmer nur während einzelnen Tagen in Deutschland arbeitet oder für Sitzungen zum deutschen Arbeitgeber reist, bleibt das Salär für diese Tätigkeit in Deutschland steuerpflichtig und der deutsche Arbeitgeber muss einen entsprechenden Lohnsteuerabzug tätigen. Arbeitet der Arbeitnehmer auch in Drittstaaten, mit welchen die Schweiz ein DBA geschlossen hat (z.B. Frankreich, Italien, USA etc.), kommt die Regelung des entsprechenden DBA zu Anwendung. In den meisten Fällen dürfte die Monteurklausel (vgl. Ziff. 3 oben) greifen und die Schweiz das Besteuerungsrecht behalten. Voraussetzung ist jedoch, dass der deutsche Arbeitgeber im entsprechenden Drittstaat keine Betriebsstätte unterhält, welcher das Salär belastet wird. Auch in dieser Konstellation kann sich bei Einsätzen im Konzernverhältnis eine faktische Arbeitgeberschaft ergeben (vgl. Ziff. 3 oben)

Arbeitgeber in der Schweiz
Es unterliegt grundsätzlich das gesamte Gehalt des Arbeitnehmers der Einkommenssteuer in der Schweiz. Die Monteurklausel kommt nicht nur in Bezug auf die Tätigkeit in Drittstaaten, sondern grundsätzlich auch in Bezug auf eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in Deutschland zur Anwendung. Das Salär, welches auf die in Deutschland gearbeiteten Tage entfällt, unterliegt somit in der Schweiz der Besteuerung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Schweizer Arbeitgeber im entsprechenden Staat keine Betriebsstätte unterhält, welcher das Salär belastet wird. Der Schweizer Arbeitgeber muss grundsätzlich Quellensteuer auf dem Salär abrechnen. Falls der Arbeitnehmer bzw. dessen Ehegatte Schweizer Staatsangehöriger ist oder eine Niederlassungsbewilligung C besitzt bzw. erhält, kommt das Quellensteuerverfahren nicht (mehr) zur Anwendung und der Arbeitnehmer ist für die korrekte Deklaration und Entrichtung der Einkommenssteuer verantwortlich. Auch in dieser Konstellation ist ein Antrag auf Tarifkorrektur bzw. auf nachträglich ordentliche Veranlagung möglich. Es können z.B. Einkäufe in die berufliche Vorsorge oder die Säule 3a sowie spezielle Berufskosten geltend gemacht werden.

5. Leitende Angestellte gemäss Art. 15 Abs. 4 DBA CH-D

Definition: Personen, die in Deutschland ansässig und als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft tätig und im Schweizer Handelsregister eingetragen sind.

Besteuerung: Art. 15 Abs. 4 DBA CH-D sieht vor, dass das Salär aus der Tätigkeit als leitender Angestellter einer Schweizer Gesellschaft nur in der Schweizer besteuert werden darf, auch wenn der leitende Angestellte seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Voraussetzungen sind die folgenden:

  •  Die Tätigkeit als leitender Angestellter umfasst nicht lediglich Aufgaben ausserhalb der Schweiz;
  •  Der leitende Angestellte ist kein Grenzgänger i.S.v. Art. 15a DBA CH-D (vgl. Ziff. 2 oben) und
  •  Die Schweiz besteuert die Einkünfte des leitenden Angestellten (sog. Subject-totax- Klausel).
Aufgrund der Subject-to-tax-Klausel führt Art. 15 Abs. 4 DBA D-CH nur dann und soweit zur Anwendung des niedrigeren Schweizer Steuersatzes auf dem Gehalt des leitenden Angestellten, als die Schweiz die entsprechenden Einkünfte tatsächlich besteuert. Dies ist jedoch – wie oben ausgeführt – nur dann der Fall, wenn der leitende Angestellte seine Tätigkeit physisch in der Schweiz ausübt. Arbeitstage, die er in Deutschland oder in Drittstaaten verbringt, unterliegen in der Schweiz nicht der Besteuerung.



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