Steuerreform
22. Sep 2025, Recht & Steuern

Wichtige Änderungen bei der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung

Neue Niedrigbesteuerungsgrenze von 15 %: Deutschland kennt mit der sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung eine weitreichende Möglichkeit, Gewinne ausländischer Kapitalgesellschaften in Deutschland zu besteuern, ohne dass diese eine Gewinnausschüttung vornehmen. Hierzu ist unter anderem Voraussetzung, dass eine Niedrigbesteuerung vorliegt.

Deutschland hat am 27.12.2023 die Grenze der Niedrigbesteuerung von 25 % auf 15 % gesenkt. Dies ist zu begrüssen. Die erfreuliche Senkung des Steuersatzes war aber dringend geboten, da selbst in Deutschland im günstigsten Fall Steuersätze für Unternehmen in Höhe von ca. 23 % greifen können. Darüber hinaus entspricht die Grenze nun auch direkt der globalen Mindeststeuer von 15 % («Pillar 2» für Grosskonzerne), was zu begrüssen ist. Die Änderung gilt für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 enden. Die Herabsetzung auf 15 % könnte auch Investitionen über Gesellschaften in der Schweiz betreffen. Wir möchten daher sehr verkürzt die Regelung und wichtige Praxispunkte aufzeigen.

Grundsätze der Hinzurechnungsbesteuerung

Nach dem Welteinkommensprinzip müssen Personen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, die von ihnen weltweit erzielten Einkünfte in Deutschland versteuern (Grundsatz). Einkünfte, die über ausländische Kapitalgesellschaften erzielt werden, wären hiervon nicht betroffen. Hierdurch wird eine Abschirmwirkung vor einer deutschen Besteuerung erreicht, die erst durch eine Dividendenausschüttung endet. Diese Abschirmwirkung durch eine ausländische Kapitalgesellschaft wird unter anderem durch die Regelungen zur sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung durchbrochen (§§ 7 ff Aussensteuergesetz, AStG). Folge der Hinzurechnungsbesteuerung ist, dass die Einkünfte auch ohne eine Dividendenausschüttung dem Anteilseigner direkt hinzugerechnet werden. Die Besteuerung erfolgt mit dem individuellen Steuersatz des Anteilseigners. Selbst das sogenannte Teileinkünfteverfahren oder die Steuerbefreiung nach § 8b Körperschaftsteuergesetz darf nicht angewendet werden. Bei tatsächlichen Dividendenausschüttungen erfolgt ggf. eine Kürzung – vereinfacht – um den bereits berücksichtigten Hinzurechnungsbetrag. 

Zur Anwendung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
1. Mehrheitsbeteiligung (Beherrschung) eines in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer ausländischen Gesellschaft (§ 7 Abs. 1 AStG): 
Eine Beherrschung liegt vereinfacht gesagt vor, wenn dem Steuerpflichtigen unmittelbar und mittelbar mehr als 50 % der Stimmrechte, Anteile am Nennkapital oder am Gewinn oder Liquidationserlös gehören. Dabei sind auch die Anteile einer nahestehenden Person einzubeziehen. Bei sogenannten KAC Einkünften (Beteiligung an Kapitalanlagegesellschaften) reicht bereits eine Beteiligung von 1 % oder im Einzelfall sogar weniger.


2. Passive Tätigkeiten, die ausserhalb des Aktivitätskatalogs in § 8 Abs. 1 AStG liegen: 
Kann die ausgeübte Tätigkeit nicht unter den Aktivitätskatalog subsumiert werden (Numerus Clausus), ist im Umkehrschluss von einer passiven Tätigkeit auszugehen. Die jeweilige Prüfung möglicher aktiver oder passiver Einkünfte ist eine der Hauptschwierigkeiten bei der Anwendung des AStG, da es eine Reihe von Voraussetzungen gibt, die an eine aktive Tätigkeit geknüpft sind. Die Prüfung ist jeweils einzelfallabhängig.


3. Niedrig besteuerte Einkünfte (§ 8 Abs. 5 AStG) 
Die drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Hinzurechnungsbesteuerung entfällt somit, sofern bereits eine der drei Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Ferner greift eine Frei- bzw. Bagatellgrenze (§ 9 AStG).

Niedrigbesteuerung

Eine Niedrigbesteuerung liegt aufgrund der neuen Rechtslage vor, wenn eine Ertragsteuerbelastung bezogen auf die passiven Einkünfte von unter 15 % vorliegt. Bei der Prüfung der Niedrigbesteuerung sind jedoch diverse weitere wichtige Aspekte zu beachten, unter anderem: Die Ermittlung der Einkünfte und damit die Steuerbelastung hat auf Basis der deutschen Steuernormen zu erfolgen. Die ausländische Gesellschaft hat daher regelmässig auch eine Gewinnermittlung nach deutschem Recht vorzunehmen, sodass sich Abweichungen zwischen dem nach deutschem und ausländischem Recht ermittelten Gewinn ergeben können. Hervorzuheben ist ausserdem, dass sich der Steuersatz auf den Gewinn vor Abzug der Steuern bezieht. Beispielsweise besteuert die Schweiz hingegen den Reingewinn (Gewinn nach Abzug von Steuern). Die auf den Steuerbescheiden der Gesellschaften ausgewiesenen Steuersätze beziehen sich daher auf den Gewinn nach Steuern. Der anzuwendende Schweizer Steuersatz auf den Reingewinn muss damit mindestens bei aktuell knapp 18 % liegen. Wichtig ist zudem, dass freiwillige Steuerzahlungen nicht berücksichtigt werden sollen. Ob eine Steuerzahlung freiwillig sein kann, halten die Autoren aber für sehr fraglich. Die Steuer muss auch tatsächlich erhoben werden. Zusätzlich ist die Steuer massgeblich, die für die Einkünfte aus passiver Tätigkeit bezahlt wurde.

Praxishinweise

Die Herabsenkung des Niedrigsteuersatzes auf 15 % ist folgerichtig zur internationalen Mindeststeuer in Höhe von 15 % und daher zu begrüssen, zumal die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung im Einzelfall sehr komplex sein können. Erfahrungsgemäss ist eine Auslandstrukturierung, die darauf basiert, dass es an einer Niedrigbesteuerung mangelt, oftmals mit grosser Planungsunsicherheit behaftet. Zum Einen können die ausländischen Steuersätze im Zeitablauf sinken und zum Anderen kann die Höhe der Besteuerung, die auf Basis der deutschen Steuergesetze zu ermitteln ist, immer wieder (wesentlichen) Änderungen unterliegen. Daher hat eine jährliche Prüfung und Dokumentation der Besteuerung bezogen auf die passiven Einkünfte zu erfolgen.




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.