In einer immer internationaler werdenden Welt ist es selbstverständlich geworden, nicht sein ganzes Leben in einem Land zu verbringen, sondern zumindest einen Teil davon im Ausland zu leben. In diesen Fällen schlägt das seit dem 1. Januar 2022 verschärfte deutsche Aussensteuergesetz (AStG) zu. Gemäss § 6 Abs. 1 AStG ist der fiktive Wert des Unternehmens1 bei Wegzug zu versteuern, wenn der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Gesellschafters2 ins Ausland verlegt wird oder aber der Unternehmenserbe im Ausland wohnt. Dabei reicht es sogar, dass der Gesellschafter in den vergangenen zwölf Jahren mindestens sieben Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Die Wegzugssteuer trifft also keineswegs nur Deutsche und sie gilt auch nicht nur für die Beteiligungen in Deutschland, sondern für Beteiligungen weltweit. Betroffen sind dabei nicht nur die Anteile an Kapitalgesellschaften, sondern auch die an Personengesellschaften, die zur Körperschaftsteuer optiert haben.3 Die Wegzugssteuer entfällt zwar rückwirkend bei einem Rückzug nach Deutschland innerhalb von sieben Jahren, fällt jedoch bei Wegzug in voller Höhe an. Die einzige «Vergünstigung» ist eine Zahlung in sieben Jahresraten, allerdings nur gegen Sicherheitsleistung, wobei diese wiederum in der Regel
(i.d.R.) nicht in einer Verpfändung von Unternehmensanteilen geleistet werden darf. Sie muss also aus der freien Liquidität oder durch die Belastung anderer genau definierter Vermögenswerte geleistet werden.4
Modelle zur Vermeidung der Wegzugssteuer
§ 6 AStG setzt eine Beteiligung im steuerlichen Privatvermögen voraus. Deshalb ist die häufig empfohlene Vermeidungsstrategie, die Beteiligung in ein inländisches Betriebsvermögen, i.d.R. einer Personengesellschaft, z.B. einer GmbH & Co. KG, zu überführen. Die Einlage von Kapitalgesellschaftsanteilen in eine Personengesellschaft ist in Deutschland unter Einhaltung verschiedener Voraussetzungen ertragsteuerfrei möglich. Denkbar wäre auch eine Umwandlung einer bereits bestehenden Holding-GmbH in eine GmbH & Co. KG. Dabei handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementär (Vollhafter) eine GmbH ist. Der Wegziehende ist Kommanditist. In diesen Fällen verbleibt das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven grundsätzlich in Deutschland und der Zweck einer Besteuerung des Wegzugs entfällt.5 Dabei genügt es jedoch nicht, einfach eine sogenannte originär gewerblich geprägte Personengesellschaft (GmbH als Vollhafter) zu haben. Vielmehr muss diese eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit ausüben ggf. auch im Konzernzusammenhang. Sie darf auf keinen Fall nur vermögensverwaltend sein. Weiter ist erforderlich, dass die Beteiligung einer deutschen Betriebsstätte zuzuordnen ist, wobei hierfür das Doppelbesteuerungsabkommen bzw. die BsGaV6 massgebend sind. Dabei wird gefordert, dass die Holding-KG tatsächlich Einfluss auf die Geschäfte der Beteiligungen ausübt (nicht indirekt der wegziehende Gesellschafter-Geschäftsführer). Nach deutschem Steuerrecht und nach den Bestimmungen des DBA D-CH unterliegen die Einkünfte des/der Kommanditisten weiterhin der deutschen Einkommensteuer.
Konsequenzen in der Schweiz
Besteuerung
Nach schweizerischem Steuerrecht wird eine deutsche GmbH & Co. KG, die den oben dargestellten Grundsätzen genügt, in aller Regel als Personengesellschaft eingestuft. Dadurch erfolgt eine steuerliche Transparenz, sodass Einkünfte und Vermögenswerte direkt den Gesellschaftern zugerechnet werden. Dies hat zur Folge, dass in der Schweiz ansässige Gesellschafter ihren anteiligen Gewinn der GmbH & Co. KG direkt in ihrer persönlichen Steuererklärung deklarieren müssen. Die steuerliche Einstufung als Personengesellschaft bleibt in der Schweiz auch bestehen, wenn die GmbH & Co. KG in Deutschland von der Option zur Körperschaftsbesteuerung Gebrauch macht. Im Normalfall werden Einkünfte und Vermögen aus einer GmbH & Co. KG mit Sitz in Deutschland in der Schweiz ins Ausland ausgeschieden und unterliegen dort der Besteuerung. In der Schweiz erfolgt nur eine satzbestimmende Berücksichtigung (Progressionsvorbehalt).
Sozialversicherungen
Grundsätzlich werden Einkünfte aus einer operativ tätigen GmbH & Co. KG beim Gesellschafter als selbstständige Erwerbstätigkeit qualifiziert und unterliegen damit der Einkommenssteuer sowie der AHV-Beitragspflicht, sofern die Sozialversicherungsunterstellung in der Schweiz ist. Falls die Gesellschaft hingegen lediglich Beteiligungen oder Kapitalanlagen verwaltet, könnte man erwarten, dass die Erträge als Einkommen aus beweglichem Vermögen behandelt werden und keine Sozialversicherungspflicht besteht. Allerdings hat das Bundesgericht entschieden, dass auch Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG als selbständige Erwerbstätigkeit gelten können, wenn die Struktur auf eine erwerbsorientierte Tätigkeit hindeutet. Die Sozialversicherungsbehörden gehen daher oft von einer AHV-Pflicht aus, selbst ohne operative Geschäftstätigkeit. Ein Gegenbeweis ist möglich, wurde aber bisher kaum erfolgreich erbracht. Da eine solche operative Geschäftstätigkeit nach deutscher Auffassung aber notwendig ist, gilt dies in der hier vorliegenden Konstellation erst recht. Die internationale Versicherungsunterstellung richtet sich nach dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU (FZA). Personen, die in mehreren Staaten erwerbstätig sind, unterstehen den Koordinationsregeln der EU-Sozialversicherung. Ein klassischer Fall der Versicherungsunterstellung ist eine Person, die in der Schweiz wohnt und gleichzeitig einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz nachgeht. In diesem Fall unterliegt sie zwingend der Schweizer Sozialversicherungspflicht für sämtliche Erwerbseinkommen. Dadurch unterliegen auch Einkünfte aus einer GmbH & Co. KG, auch wenn diese ihren Sitz in Deutschland hat, der AHV-Beitragspflicht in der Schweiz. Dies gilt auch weitgehend uneingeschränkt für Rentner.
Beispiel
Der Unternehmenswert der Unternehmensgruppe beträgt EUR 10 Mio.7 Die Tochterkapitalgesellschaften erwirtschaften nachhaltig einen Gewinn von EUR 3 Mio. Der wegziehende Kommanditist erzielt in der deutschen Holding - GmbH & Co. KG einen anteiligen Gewinn in Höhe von EUR 500‘000. Der grössere Gewinnanteil wird in den Tochter-Kapitalgesellschaften thesauriert. Der KG-Gewinn unterliegt der deutschen Einkommensteuer zwingend mit der tariflichen Einkommensteuer, für den grössten Teil also zwischen 44,3 % und 47,4 % (mit Solidaritätszuschlag). Es entsteht eine jährliche Ertragsteuer etwa in Höhe von EUR 225‘000. In der Schweiz entstehen jährliche AHV – Beiträge in Höhe von ca. 10 % auf den EUR 500‘000 an, also rund CHF 50‘000. Die jährliche Belastung liegt somit je nach Kurs bei rund EUR 275‘000 bis 300‘000. Demgegenüber steht eine einmalige Wegzugsteuer von ca. 26,37 %, was im Beispiel ca. EUR 2‘637‘000 entspricht, wenn die Beteiligung nicht über eine Personengesellschaft gehalten wird.
Auswege/Alternativen
In Deutschland wäre eine Familienstiftung eine mögliche Alternative. Allerdings ist damit der Zugriff auf das Familienvermögen deutlich eingeschränkt (Zuwendungen nur aus Erträgen). Vor allem aber die sogenannte Erbersatzsteuer, die alle 30 Jahre einen Erbfall fingiert und auf sowohl inländische als auch das ausländische Stiftungsvermögen erhoben wird, macht diese Rechtsform – jedenfalls für den Wegzug – unattraktiv. In der Schweiz wäre zu prüfen, ob die Anteile an der deutschen GmbH & Co. KG über eine juristische Person gehalten werden soll, um die Sozialversicherungsthemen zu entschärften.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Vermeidung der deutschen Wegzugssteuer ist möglich, jedoch mit erheblichen Hürden verbunden. Eine voreilige Umstrukturierung in eine Personengesellschaft ohne konkreten Wegzugsplan kann steuerliche Risiken bergen. Wer tatsächlich einen Wegzug plant oder Anteile auf Steuerausländer übertragen möchte, sollte die Strukturierung frühzeitig angehen, um spätere Belastungen zu vermeiden. Neben den steuerlichen Aspekten darf auch die Sozialversicherungspflicht in der Schweiz nicht unterschätzt werden, insbesondere da eine Beteiligung an einer GmbH & Co. KG selbst ohne operative Tätigkeit zu AHV-Beiträgen führen kann. Eine frühzeitige Analyse und Abstimmung mit den Behörden ist essenziell, um eine nachhaltige und langfristig tragfähige Lösung zu finden.