22. Okt 2013, Wirtschaft | Management

Wer schaut auf den Chef?

Kader, Manager, Führungskräfte, Geschäftsleitungsmitglieder, CEO’s, Verwaltungsräte – sie alle gelten als Kompetenz- und Leistungsträger in ihren Unternehmen. Und stehen damit häufig alleine da.

Führungskräfte verbringen den Grossteil ihrer Arbeitszeit mit Besprechungen, Meetings, Konferenzschaltungen, Kundengesprächen und häufig auch mit wichtiger Öffentlichkeitsarbeit. Etwa zwei Drittel der Arbeitszeit fallen beim Management auf «betrieblich notwendige, kommunizierende» Tätigkeiten. Das restliche Drittel wird noch unerledigten Aufgaben gewidmet - keine davon dauert gemäss einer empirischen Studie länger als 9 Minuten. Übergreifend kommt die Vorbildfunktion des Managers hinzu: dynamisch, freudig, offen, vertrauensvoll und flexibel.

Die Rolle des Managers innerhalb eines Unternehmen lässt sich häufig mit einer der folgenden Aussagen decken: «Ich treffe jeden Tag mehrere wichtige Entscheidungen, viele davon in Eigenverantwortung.» «Ich fühle mich in meiner Rolle als wichtige Führungskraft bisweilen auch einsam, das gehört dazu.» «Ich bekomme selten offenes und ehrliches Feedback, das kann ich auch nicht erwarten.» «Eine meiner wichtigsten Vorgaben und Zielsetzungen ist es, die Performance und den Erfolg im Unternehmen zu steigern, das erreiche ich insbesondere durch konsequente Kostenoptimierung und nachhaltige Ertragssteigerung.»

Fragt man Manager, was sie unter Performance Management in ihren Unternehmen verstehen, so erhält man Antworten wie «Performance Management stellen wir durch einen ausgereiften Controlling-Prozess sowie über einen strukturieren Zielvereinbarungs- und Feedbackprozess sicher. Überdies verfügen wir über diverse Messsysteme, Managementtools, Führungscockpits, Benchmarkings.» «Wenn die Zahlen stimmen, ist vieles gut» «Diverse Frühwarn-Indikatoren und Ampelmodelle erlauben uns schliesslich ein punktgenaues Performance Management.».

Und fragt man dieselben Manager, was sie unter eigenem Performance Management verstehen beziehungsweise wie erfolgreich, vital und dynamisch sie sich selber einschätzen, bekommt man zwischen den Zeilen den Eindruck, dass sich Führungskräfte nicht selten in einem inneren Zustand der permanenten Erschöpfung, der Machtlosigkeit, der hohen Arbeitsbelastung, der Einsamkeit und des dauerhaften Drucks von allen Seiten befinden. Ein Austausch unter ihresgleichen findet zwar statt, jedoch meist nur oberflächlich. Vertrauensvolle Gespräche gibt es selten, und wenn, dann ausserhalb des Unternehmens. Dort, wo keine «Gefahr» lauert und mit einer Vertrauensperson, die zuhört, Verständnis zeigt, und meist auch über ein gewisses Sachverständnis verfügt. Häufig jedoch fehlt diese wichtige und vertrauenswürdige Anlaufstelle für den Manager komplett.

Die Management-Etage bietet häufig keinen vernünftigen Ausweg

Viele Führungskräfte würden heute gerne kürzer treten und weniger Verantwortung tragen: Lohneinbusse und weniger Prestige im Austausch gegen mehr Lebensqualität, weniger Druck und persönliche Erfüllung. Ein selbstgewähltes «Kürzertreten» funktioniert im hiesigen Arbeitsmarkt jedoch noch nicht einwandfrei. 

Ab einem bestimmten Alter bieten Unternehmen zwar immer häufiger alternative Karrieremodelle an, doch für Menschen mit verantwortungsvollen Führungsaufgaben gibt es derweil noch kaum vernünftige Möglichkeiten. Sie befinden sich vielmehr auf einer einspurigen Autobahn mit Leitplanken links und rechts, ohne unmittelbare Ausfahrt. So ist zum Beispiel Überqualifizierung ein häufiges Hindernis bei der Suche nach einer alternativen Karrierefortsetzung. Damit bleibt dem Manager oft nur, sich durchzubeissen und einsam auszuharren - oder er steigt selber aus und lässt die Strapazen hinter sich, wenn er die Wahl hat. Falls nicht, dann wird er vielleicht irgendwann zum Ausstieg gebeten. Häufig plötzlich und unerwartet.

Der Druck zur bedingungslosen Performance führt zum «Scheinsein»

Oftmals wäre es wohl hilfreich, wenn die Führungskraft ehrlich offen legen würde, dass sie kein kritisches Feedback wünscht und ihrem Umfeld klar machen würde, dass sie Entscheidungen gerne in Eigenregie fällt und nichts von kollektiver, kreativer Entscheidungsfindung oder von Innovationsprozessen hält. Anders Denkende stören in den Augen vieler Führungskräfte den Betrieb, hemmen die Performance und die Entwicklung. Klare Vorgaben, klare Prozesse und konsequentes Einfordern sind da dem Erfolg förderlicher. Trotzdem oder gerade darum verfügen viele Betriebe über ein Innovations- oder Ideenmanagement. Sie lassen Mitarbeitende scheinbar solidarisch an der Fortschrittlichkeit und an der Entwicklung des Systems teilhaben.

Manager scheitern in den seltensten Fällen an mangelnder Fähigkeit und Kompetenz, sondern daran, dass ihre persönliche Bereitschaft oder die Anlaufstelle zur ehrlichen Selbstreflexion fehlt.

Die Wahl des persönlichen Performance Managements

Die fehlende Bereitschaft, sich als Führungskraft selber öfter zu hinterfragen, und nach ehrlichem Feedback oder Rat zu suchen, stellt allein noch kein Unglück dar. Viel wichtiger ist jedoch, dass sich Personen in verantwortungsvollen Positionen auf vertrauensvoller Basis mit einer neutralen Person regelmässig austauschen und reflektieren können - und dies auch tun! Beispielsweise bei einer sachkundigen Vertrauensperson oder bei einem kompetenten, externen Coach.

Professionelles Coaching hat jedoch nicht viel gemeinsam mit den heute häufig beobachtbaren internen Praktiken wie: Problemcoaching, Verkaufs- und Vertriebscoaching, Business-Coaching, Coach the Coach Training etc. Professionelles Executive Coaching erfordert insbesondere Neutralität, Sachverstand und eine hohe Vertrauensbereitschaft. Weiter verfügt ein guter Executive Coach über:

  • eine hohe emotionale Intelligenz, ein grosses Einfühlungs- und Unterordnungsvermögen
  • einen sehr soliden, breit abgestützten fachlichen Hintergrund im professionellen Coaching
  • eine langjährige eigene Praxiserfahrung als Führungskraft oder auf Managementstufe (gleiche Augenhöhe)

Immer mehr Führungskräfte suchen diese Art des vertrauensvollen Austausches und der Reflektion - welche «harte und weiche Faktoren» gleichermassen miteinander verbindet. Und finden dadurch neue positive Kraft und im Idealfall eine Rückkehr zu ihrer eigenen Management Performance und zum neuen, betrieblichen Performance Management.

Fünf Empfehlungen an Führungskräfte von Marc Achhammer
  1. Authentizität und Ehrlichkeit anstelle «Scheinsein»: Emotionen gehören zum Menschen, auch im Beruf. Durch Ihr eigenes authentisches Auftreten und Verhalten fördern Sie ein Klima des Vertrauens und des natürlichen Umgangs.
  2. MMbO (Mitarbeiter-MbO): Zielvereinbarungsprozesse sind wichtig. Jedoch: Die Verantwortung für die regelmässige Kontrolle der persönlichen Ziele verbleibt beim Mitarbeitenden. Er hat die (einzigen) Aufgaben und Vorgaben von Ihnen, a) seine persönlichen Ziele selber genau im Auge zu behalten und b) diese auf sein Verlangen mit Ihnen zu besprechen und zu reflektieren. Übertragen sie echte Verantwortung und schenken Sie Vertrauen.
  3. Kommunikation mit Mitarbeitenden im Dialog: Kommunizieren Sie gut und viel am richtigen Ort - mit Ihren Mitarbeitenden. Dieses wollen Sie sehen, hören, fühlen und sich auch regelmässig mit Ihnen austauschen.
  4. Vertrauensvoller Austausch: Teilen Sie Ihre Fragestellungen mit einer kompetenten Vertrauensperson, reflektieren Sie Ihre Herausforderungen, Ängste, Unsicherheiten, Überzeugungen und Ihr Führungsverhalten bei einer professionellen Person Ihres Vertrauens.
  5. New Performance Management: Brückenschlag vom Menschen zur Zahl. Vergessen Sie anonymes Studium von Reportings, Ampeltools und Benchmarkings: Hinter den Zahlen verbergen sich Menschen in Ihrem Unternehmen. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden, bevor Sie auch nur eine Zahl falsch interpretieren.



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