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13. Jun 2014, Recht & Steuern | Schweizer Steuerpflichten

Steuerliche Folgen eines Umzugs von Deutschland in die Schweiz (1/2)

Wettbewerbsfähige Steuersätze, anerkanntes Fachpersonal, hervorragende Infrastruktur und hohe Lebensqualität – ein Wegzug aus Deutschland in die Schweiz kann unterschiedlichste Motivationen haben. Was auch immer zu diesem Schritt bewegen mag, die steuerlichen Folgen sollten bereits vorher eingehend untersucht werden.

Die Schweiz bietet international äusserst wettbewerbsfähige niedrige Steuersätze sowie ideale Rahmenbedingungen durch anerkanntes Fachpersonal – ausserdem eine hervorragende Infrastruktur und eine hohe Lebensqualität. Auch eine geplante Vermögensübertragung durch Schenkung oder Erbfall kann eine Wohnsitzverlagerung in die Schweiz interessant machen.

Im DBA zwischen Deutschland und der Schweiz (DBA-CH) so wie im deutschen Aussensteuergesetz (AStG) wurden nämlich umfassende Regelungen geschaffen, die den Schritt über die Grenze festlegen. Einen Überblick über die steuerlichen Folgen eines Wegzugs aus Deutschland finden Sie in diesem Artikel.

Aufgabe eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts

Grundvoraussetzung für die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland ist nach nationalem Steuerrecht die Aufgabe des deutschen Wohnsitzes; daneben darf in Deutschland kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden.

Nach § 8 AO hat der Steuerpflichtige einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die da- rauf schliessen lassen, dass er sie bei- behalten und benutzen wird. Dabei ist der Wille der Person, an diesem Platz keinen Wohnsitz zu begründen, unbeachtlich. Ohne Belang ist auch, ob die Person dort polizeilich gemeldet ist. Es spielt grundsätzlich keine Rolle ob die Räume angemessen oder gar standesgemäss sind. Als Wohnung kommen beispielsweise auch Baracken, Hotelzimmer bei Dauernutzung, Wochenendhäuser, Jagdhäuser, Gartenhäuschen in einer Laubkolonie oder Wohnwagen bei Dauermiete auf einem Campingplatz in Betracht. Das Innehaben einer inländischen Wohnung kann dem Steuerpflichtigen sogar durch seine darin wohnende Familie vermittelt werden. Folglich befindet sich der Wohnsitz eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehemannes in der Regel dort, wo sich seine Familie befindet. Zieht der Ehemann in die Schweiz und bleibt seine Familie in der Wohnung in Deutschland zurück, behält der Ehemann in Deutschland einen Wohnsitz.

Hat der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in Deutschland, kann der gewöhnliche Aufenthalt ebenso die unbeschränkte Steuerpflicht des Steuerpflichtigen begründen. § 9 AO knüpft das Vorhandensein des «gewöhnlichen Aufenthaltes» in Deutschland an zwei Voraussetzungen:

  • Der Steuerpflichtige muss sich an einem Ort in Deutschland tatsächlich aufhalten.
  • Die Umstände dieses Aufenthaltes müssen erkennen lassen, dass der Steuerpflichtige an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen setzt einen Aufenthalt über einen längeren Zeitraum voraus. Ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt in Deutschland von mehr als sechs Monaten führt stets zu einem gewöhnlichen Aufenthalt. Kurzfristige Unterbrechungen der 6-Monatsfrist bleiben dabei unberücksichtigt.

Probleme können in diesem Zusammenhang immer dann auftreten, wenn der ins Ausland verzogene Steuerpflichtige weiterhin in Deutschland einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. Übernachtet nämlich die Person regelmässig an den Arbeitstagen in Deutschland und verbringt nur die Wochenenden und den Urlaub in seinem ausländischen Domizil, wird der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland unterstellt, wenn die zeitlich zusammenhängende Anwesenheit mehr als sechs Monate beträgt.

Mit der Wohnsitzaufgabe endet das Besteuerungsrecht Deutschlands insoweit uneingeschränkt, als Einkünfte aus nicht-deutschen Quellen stammen. Stammen die Einkünfte aus der Schweiz als neuem Wohnsitzstaat oder aus einem Drittland, so kann Deutschland diese Einkünfte vom Zeitpunkt des Wegzugs an grundsätzlich nicht mehr besteuern. Mit der Wohnsitzaufgabe unterliegt also nicht mehr das gesamte Welteinkommen des Steuerpflichtigen der Besteuerung in Deutschland, sondern nur noch die inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG.

Sofern es zu einer Überschneidung der Steueransprüche beider Staaten kommt – wenn Deutschland ein Besteuerungsrecht zugewiesen wird und die Schweiz vom Welteinkommensprinzip Gebrauch macht – greifen die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ein, die in Art. 24 Abs. 2 DBA D-CH geregelt sind (Freistellungsmethode bzw. Anrechnungsmethode).

Veranlagung im Jahr des Wohnsitzwechsels

Verlegt der Steuerpflichtige den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt während des Kalenderjahres ins Ausland, ist er für den Teil des Jahres, in dem er in Deutschland Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, unbeschränkt und für den übrigen Teil des Jahres beschränkt einkommensteuerpflichtig.

Gemäss § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG erfolgt im Jahr des Wegzugs für den Steuerpflichtigen eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht. Dabei sind die Einkünfte aus dem Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG zu ermitteln und in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen. Ausländische Einkünfte, die während der Zeit der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt werden, unterliegen dem Progressionsvorbehalt.

Besteuerung stiller Reserven beim Wegzug aus Deutschland

Mit dem Wegzug aus Deutschland wechselt die Ansässigkeit bei Aufgabe des Wohnsitzes sofort in den Zuzugsstaat Schweiz. Im Falle der Veräusserung der Beteiligung kann Deutschland die im EStG geregelte Besteuerung nicht mehr wahrnehmen. Dem wirkt jedoch § 6 AStG entgegen, in dem die Besteuerung im Falle eines Wegzugs geregelt ist.

Wesentliche Beteiligung im Privatvermögen

Hält der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung ins Ausland wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in seinem Privatvermögen, ordnet § 6 AStG unter bestimmten Voraussetzungen eine Besteuerung der darin enthaltenen stillen Reserven (sogenannte Vermögenszuwachsbesteuerung) nach den Grundsätzen des § 17 EStG an.

Die Vorschrift des § 6 AStG wurde geschaffen, um die Besteuerung der in Beteiligungsanteilen angesammelten stillen Reserven auch dann sicherzustellen, wenn Veräusserungsgewinne erst nach der Wohnsitzverlegung realisiert werden und aufgrund spezieller DBA-Regelungen vom deutschen Fiskus nicht mehr erfasst werden können.

Voraussetzungen für die Besteuerung der stillen Reserven

Von der Wegzugsbesteuerung nach § 6 des Aussensteuergesetzes (AStG) sind Personen betroffen, die mindestens zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren und

  • ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgeben (somit verlieren sie die unbeschränkte Steuerpflicht) und die
  • innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt waren.

Die Wegzugsbesteuerung greift auch bei Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften. Hat der Wegziehende die Anteile unentgeltlich erworben, ist es ausreichend, wenn der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligungsgrenze innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums erfüllt hat. Soweit die oben genannte Voraussetzungen vorliegen, wird der Wegzug steuerlich einer Veräusserung der Beteiligung gleichgesetzt.

Es genügt, wenn die «wesentliche» Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt in dem Fünf-Jahreszeitraum bestanden hat. Es ist nicht erforderlich, dass diese Voraussetzung zum Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung ins Ausland noch erfüllt ist. Im Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung können also auch Anteile von weniger als 1 v.H. die Besteuerung nach § 6 AStG auslösen.

Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns

Der Veräusserungsgewinn ermittelt sich aus dem gemeinen Wert der Beteiligung zum Zeitpunkt des Wegzugs abzüglich der Anschaffungskosten. Der gemeine Wert ist der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräusserung erzielt werden kann. Da die fiktive Veräusserung der Anteile besteuert wird, ist – wie bei einer tatsächlichen Veräusserung auch – das Teileinkünfteverfahren anzuwenden: Das heisst, dass nur 60 Prozent des Gewinns besteuert werden. Die Fiktion der Veräusserung führt dazu, dass Steuern zu zahlen sind, obwohl kein Liquiditätszufluss gegeben ist. Insbesondere bei ertragsschwachen Gesellschaften mit hohen stillen Reserven kann die Wegzugsbesteuerung folglich dazu führen, dass der Inhaber gezwungen sein wird, die Anteile zu veräussern.

Nach der Auffassung der Finanzverwaltung können mit der Wegzugsbesteuerung keine Verluste entstehen; deren Realisation dürfe nur durch tat- sächliche Veräusserung vor dem Wegzug erfolgen (so das BMF im Schreiben vom 14.5.2004, Az.: IV B 4 – S 1340 – 11/04, Tz. 6.1.3.3).

(Bildquelle: © XiXinXing/iStockphoto)




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