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30. Jan 2015, Wirtschaft | Schweizer Franken

Erfolgreich trotz Frankenstärke

Herausforderungen und unternehmerische Strategien im Umfeld eines stark überbewerteten Schweizer Frankens.

Die starke Überbewertung des Schweizer Frankens, die von der Kaufkraftparität gegenüber dem Euro um satte 25 Prozent bis 30 Prozent abweicht, ist für die Schweizer Wirtschaft zu einer enormen Belastung geworden. Für viele exportorientierte Mittelstandsunternehmen bedeutet sie sogar eine existenzielle Bedrohung.

Auch inlandsmarktorientierte KMU sind bedroht, weil ausländische Firmen eine Preissenkung von 20 Prozent im Schweizer Markt durchsetzen. In der ersten Hälfte Januar 2015 wurde der Euro um 17 Prozent, der US Dollar um 14 Prozent und der chinesische Renminbi gegenüber dem Schweizer Franken um 14 Prozent abgewertet (vgl. Abbildung 1).

Abwertung des EUR, CNY, und USD seit Beginn 2015

Abbildung 1 (1. bis 18.01.2015, Quelle: Helbling Research; Finanzen.ch; oanda.com)

Der Schweizer Exportwirtschaft droht aufgrund der Währungskursentwicklungen ein Gesamtverlust von über 20 Milliarden Franken pro Jahr. Dramatisch ist vor allem, dass sich aufgrund der Währungsverluste die EBIT-Marge bei Unternehmen durchschnittlich um sieben bis acht Prozent reduziert.

Abwertung des EUR, CNY, und USD um zwischen 11,6 Prozent und 15,1 Prozent seit Beginn 2015
Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Schweizer Unternehmen trotzdem ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen und damit ihre Arbeitsplätze sowie ihr Steueraufkommen in der Schweiz erhalten können. Grundsätzlich lassen sich die Optionen in langfristige strategische und in kurzfristige operative Massnahmen gliedern:

Strategische Massnahmen:

1. Forcierung der Innovation:

Das Ziel ist, mit rasch vermarktbaren Produktinnovationen zusätzliche Cashflows zu generieren. Hoch innovative Unternehmen profitieren davon, dass sie auf dem Weltmarkt ihre Preismacht ausspielen können. Das gilt namentlich für First Movers, die mit neuen Produktelinien auf den Markt kommen. Gleichzeitig können sie aufgrund ihres Geschäftsvolumens Skaleneffekte nutzen (vgl. Abbildung 2).

Innovationskraft zur nachhaltigen Überlebenssicherung

Abbildung 2 (Quelle: Helbling Research)


2. Ausschöpfung der Potenziale in Wachstumsmärkten und Wachstumssegmenten:

Verschiedene Länder und Regionen bieten aufgrund ihres Wachstums von fünf bis zehn Prozent enorme Chancen. Bereits heute gelingt es der Schweizer Wirtschaft, vor allem die Wachstumschancen in China geschickt zu nutzen. 2013 erzielte sie einen Exportüberschuss von CHF 3.7 Milliarden (vgl. Abbildung 3). Grosse Chancen eröffnen sich Unternehmen aber auch in wachsenden Branchensegmenten wie Medizinaltechnik, Energietechnik, Pharmaindustrie, Bahntechnik und Präzisionsgeräteindustrie.

Innovationskraft zur nachhaltigen Überlebenssicherung
Exportüberschuss nach China schafft Arbeitsplätze in der Industrie

Abbildung 3 (Quelle: Helbling Research; Economic report China - Embassy of Switzerland Beijing, 2014)

Exportüberschuss nach China schafft Arbeitsplätze in der Industrie

3. Internationale Supply-Chain-Strategie mit Festlegung der Produktionswerke im Ausland: 

Bei der Ausgestaltung der Supply Chain ist die internationale Werksstrategie zu definieren. Dazu gehört auch der Aufbau neuer Werke in Wachstumsländern und in Low-Cost-Countries. 

4. Akquisitionen im Ausland: 

Der überbewertete Franken ermöglicht, im Ausland Unternehmen günstiger zu akquirieren – zum Beispiel für Vertrieb oder Produktion.

Kostensenkungsansätze für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

Abbildung 4 (Quelle: Praxisbeispiel Kostensenkung Helbling)

Kostensenkungsansätze für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

5. Ausbau des globalen Sourcings: 

Mit einem Ausbau der internationalen Beschaffung lassen sich die Materialkosten um 15 bis 20 Prozent senken. Die Optimierung des Sourcings umfasst auch Verhandlungen mit bestehenden Lieferanten (Mitbeteiligung an Währungsverlusten).

6. Rigoroses Produktkostenmanagement: 

Mit einem umfassenden Produktkostenmanagement lassen sich die Kosten um 20 bis 50 Prozent reduzieren. Voraussetzung dafür ist ein konsequentes Cost Engineering. 

7. Effizienzsteigerung und Kostensenkung

Im Overhead-Bereich um 10 bis 20 Prozent. 

8. Hedging

Zur Reduktion des Risikos von Wechselkursschwankungen. 

9. Durchsetzung der Fakturierung in Schweizer Franken oder Erhöhung der Preise in Euro

Gekoppelt an einen erhöhten Kundennutzen der Produkte sowie die «Swissness» als Qualitätsmerkmal.

10. Senkung der Personalkosten 

Beispielsweise durch Verlängerung der Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn (oder Lohnsenkungen vor dem Hintergrund sinkender Konsumentenpreise aufgrund verbilligter Importe). 

11. Effizienz- und Produktivitätssteigerung in Produktion und Logistik: 

Mit Lean Management, konzernweiter Datenverfügbarkeit und Automatisierung von Prozessen lassen sich Kosten von fünf bis acht Prozent einsparen.

12. Verlagerung von ausgewählten Funktionen:

Für viele Unternehmen lohnt es sich, die Verlegung von Produktionsfunktionen in ausländische Werke an kostengünstigeren Standorten zu prüfen.

13. Kostenvariabilisierung und Senkung des Break-even-Punktes:

Durch Outsourcing in Ländern mit tieferen Kostenstrukturen.

14. Optimierung der Logistikkette und Logistikstandorte.

Naturgemäss ist nicht jede dieser strategischen und operativen Massnahmen für alle Unternehmen gleichermassen relevant. Neben Kostensenkungen gilt jedoch ein Punkt für jedes Schweizer Unternehmen, das im internationalen Wettbewerb bestehen will: Es muss alles daran setzen, seinen Qualitäts- und Innovationsvorsprung laufend auszubauen.




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