mehrwertsteuerrecht
14. Nov 2017, Recht & Steuern | Steuerrecht

Wichtige Änderungen im Schweizer Mehrwertsteuerrecht für ausländische Unternehmen ab 2018/2019 (1/2)

Zum 01.01.2018 bzw. 01.01.2019 treten im Schweizer Mehrwertsteuerrecht weitreichende Änderungen für ausländische Unternehmen in Kraft.

Diese Änderungen führen dazu, dass eine grosse Anzahl von Unternehmen mit Sitz im Ausland neu in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig wird. Ausländischen Unternehmen wird daher dringend empfohlen, ihre Schweizer Geschäftsvorfälle im Hinblick auf die nachfolgenden Änderungen zu überprüfen.

Änderungen per 01.01.2018 bei der Steuerbefreiung aufgrund der Umsatzgrenze
a) Steuerbefreiung aufgrund der Umsatzgrenze

Neu sind unter anderem folgende Unternehmen von der Steuerpflicht befreit (Artikel 10 Absatz 2 nMWSTG):

  • Unternehmen, die innerhalb eines Jahres im In- und Ausland Umsätze von weniger als CHF 100'000.– aus Leistungen erzielen, die nicht von der Steuer ausgenommen sind
  • Unternehmen, die Dienstleistungen nach dem Empfängerortsprinzip erbringen (dies gilt nicht für Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen an nicht steuerpflichtige Empfänger)

Das geltende Recht kennt bereits eine Steuerbefreiung bei Umsätzen von weniger als CHF 100'000.–. Bis zum 31.12.2017 fliessen in die Bemessungsgrundlage der CHF 100'000.– jedoch nur die Umsätze ein, die in der Schweiz erzielt werden.

Mit der Neuregelung ändert sich die Bemessungsgrundlage der CHF 100'000.– dahingehend, dass nicht mehr nur die in der Schweiz ausgeführten Umsätze, sondern die Weltumsätze (und damit auch die deutschen Umsätze) eines Unternehmens berücksichtigt werden. Dies führt dazu, dass de facto die CHF 100'000-Grenze nur noch bei sehr wenigen Kleinstunternehmen eine Rolle spielen wird, d. h. nur noch bei den Unternehmen, die mit ihren Weltumsätzen unter CHF 100'000.– bleiben.

b) Ort der Lieferung und Dienstleistung

Weiterhin ist aber für eine mehrwertsteuerliche Registrierungspflicht Voraussetzung, dass das ausländische Unternehmen in der Schweiz steuerbare Umsätze ausführt. Dabei ist zu beachten, dass die Regelungen für die Bestimmungen des Ortes der Lieferung bzw. Dienstleistung durch die Gesetzesrevision nicht geändert werden.

In Erinnerung zu rufen ist in diesem Zusammenhang, dass die Abgrenzung zwischen Lieferungen und Dienstleistungen im Schweizer MWSTG sowohl vom deutschen Umsatzsteuerrecht als auch vom Sprachgebrauch abweicht. Beides führt vielfach zu einer fehlerhaften Beurteilung der Leistungsortsbestimmung und infolgedessen der MWST-Pflicht in der Schweiz. Das Schweizer MWSTG folgt einem weiten Lieferbegriff, der den Anwendungsbereich für eine Dienstleistung sehr stark verkleinert.

Wird ein Gegenstand durch den Lieferanten selbst oder für dessen Rechnung durch einen Dritten installiert, repariert, montiert oder sonst bearbeitet, beginnt die Lieferung – ungeachtet der Inbetriebnahme – mit der Aufnahme der Tätigkeit am Ort der Installation, der Reparatur oder der Montage. Die Lieferung gilt in der Folge als dort erbracht, wo die werkvertragliche Leistung vorgenommen beziehungsweise wo der Gegenstand abgeliefert wird. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Inbetriebnahme durch den Lieferanten oder den Abnehmer erfolgt.

c) Beispiel: Lieferung und Montage

Sachverhalt: Das in Deutschland ansässige Unternehmen A erhält einen Auftrag vom in der Schweiz ansässigen Unternehmen CH (alternativ: von einem in Deutschland ansässigen Auftraggeber DE) auf Lieferung und Montage einer Anlage in der Schweiz. Der Umsatz des Auftrages beträgt gesamthaft CHF 50'000.–, der Weltumsatz des Unternehmens liegt über CHF 100'000.–.

Lösung: In der Schweiz handelt es sich bei der Lieferung und Montage aufgrund des weiten Lieferbegriffs im Schweizer Recht um eine Lieferung.

Rechtslage bis 31.12.2017: Der Umsatz beträgt insgesamt nur CHF 50'000.–. Für A ist aufgrund des Umsatzes die Befreiung von der Steuerpflicht einschlägig. A stellt CH (alternativ: DE) eine Netto- Rechnung. A kann aber – auch nicht im Vergütungsverfahren – die Schweizer Vorsteuern geltend machen. Wenn er dies wollte, müsste er auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichten und sich in der Schweiz registrieren lassen.

Rechtslage ab 01.01.2018: A muss sich in der Schweiz registrieren lassen, da er die Befreiung von der Steuerpflicht aufgrund der Umsatzgrenze nicht geltend machen kann. Er muss einen Fiskalvertreter bestimmen (z. B. die Handelskammer Deutschland-Schweiz) und seine Rechnung an CH (alternativ: DE) mit Schweizer MWST fakturieren. Gleichzeitig kann er Schweizer Vorsteuern geltend machen.




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.