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18. Sep 2013, Recht & Steuern | Online-Handel

Das Netz bringt's doch

Der grenzüberschreitende Online-Handel boomt! 2011 wurden Waren im Wert von rund 550 Millionen Franken via E-Commerce in die Schweiz importiert. Tendenz steigend. Wären da nicht die komplizierten Schweizer Zollvorschriften.

Die Unterschiede in der Zollbemessung

Die Schweiz ist eines von wenigen Ländern, das auch heute noch ausschliesslich sogenannte spezifische Zölle anwendet. Bei dieser Zollart ist nicht der Wert für die Zollbemessung massgebend, sondern eine spezifische Masseinheit - z.B. die Stückzahl, die Länge oder das Gewicht.

Beim grössten Teil der schweizerischen Tarifnummern wird die Zollabgabe aufgrund des Bruttogewichts berechnet. Die Zollansätze für Industrieprodukte liegen dabei häufig unter einem Franken pro Kilogramm Bruttogewicht. Bei Händlern aus der EU wirft der Gewichtszoll allerdings oft Fragen auf, da ihnen dieses System unbekannt ist. Gerade bei Sendungen von geringem Gewicht und verhältnismässig hohem Wert hat der Gewichtszoll aber durchaus seine Vorteile. Und das betrifft vor allem den Onlinehandel. Solche Sendungen können vielfach zollfrei oder mit geringer Zollbelastung eingeführt werden. Hohe Zollansätze kommen hauptsächlich bei Lebensmitteln, Alkoholika, Tabakwaren, Textilien und Schmuck aus Edelmetallen zur Anwendung. Bei diesen Waren ist deshalb auch bei kleinen Sendungen mit Einfuhrzollabgaben zu rechnen.

Waren mit Ursprung in der EU, können mit einem Ursprungsnachweis in der Regel zollfrei in die Schweiz eingeführt werden - insofern der Ausführer den Ursprung bei einer Kontrolle nachweisen kann. Damit erhält die Nachweisbarkeit der Ursprungseigenschaft einen besonders hohen Stellenwert.

Vorsicht: Extrakosten! Mehrwertsteuer und weitere Abgaben

Neben den Zollabgaben wird für gewöhnlich bei jeder Einfuhr die auf dem Warenwert berechnete Einfuhrmehrwertsteuer fällig. Der Einfuhrsteuersatz beträgt in der Regel 8%. Für gewisse Waren - wie Lebensmittel, Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften - gilt ein ermässigter Satz von 2,5%. Die Schweizer Mehrwertsteuersätze liegen damit deutlich unter den Ansätzen, die in den EU-Ländern gelten.

Neben Zoll- und Mehrwertsteuerabgaben erhebt die Zollverwaltung weitere Einfuhrabgaben. Sie ist zudem ermächtigt, Waren, die nicht den schweizerischen Vorschriften entsprechen, an der Grenze zurückzubehalten.

Grenzüberschreitend liefernden Onlineshops wird deshalb empfohlen genau zu prüfen, ob ihre Produkte in der Schweiz speziellen Abgaben oder gesetzlichen Sondervorschriften unterliegen. Trifft dies zu, ist der Kunde spätestens im Bestellprozess über zusätzliche Einfuhrabgaben aufmerksam zu machen. Werden für bestimmte Waren in der Schweiz Sondervorschriften anwendbar, ist ein klarer Hinweis erforderlich. Bei länderspezifischen Shops wird empfohlen, entsprechende Waren gar nicht erst ins schweizerische Sortiment aufzunehmen.

Keine Abgaben unter 5 Franken.

Bei einer Einfuhr werden dem Zollpflichtigen zwei Veranlagungsverfügungen ausgestellt:

  1. «Veranlagungsverfügung Mehrwertsteuer» - mit geschuldeten Einfuhrsteuer 
  2. «Veranlagungsverfügung Zoll» - mit Zöllen und allen weiteren Abgaben 

Abgaben werden erst dann erhoben, wenn sie einen Betrag von 5 Franken überschreiten. Mit anderen Worten: Sendungen mit einem Wert von maximal 62 Franken können mehrwertsteuerfrei in die Schweiz eingeführt werden; Sendungen, deren Inhalt dem ermässigten Mehrwertsteuersatz unterliegt, sind bis zu einem Wert von 200 Franken mehrwertsteuerfrei.

Politiker und Konsumentenschützer fordern immer wieder höhere Abgabenfreigrenzen. Ein Vergleich mit der deutschen Regelung zeigt allerdings, dass die schweizerischen Freigrenzen bereits jetzt grosszügig gestaltet sind. In Deutschland sind Sendungen mit einem Wert bis zu 22 Euro gänzlich abgabenfrei - und bis zu einem Wert von 150 Euro zollfrei. Die Einfuhrsteuer wird jedoch in der Regel erhoben. Sendungen mit einem höheren Wert sind sowohl zoll- als auch einfuhrsteuerpflichtig.

Vereinfachungen für «Kleinsendungen»

Der Begriff ist etwas irreführend, denn ob eine Sendung eine Kleinsendung ist, bestimmt sich in erster Linie danach, ob neben der Mehrwertsteuer weitere Abgaben anfallen. Trifft dies nicht zu, gelten Sendungen bis zu einem Wert und Gewicht von 1000 Franken bzw. Kilogramm als Kleinsendungen. Dazu gehören viele Waren, die online eingekauft werden - wie Kleider, Elektrogeräte, CDs und Bücher.

Für eine einfache Zollveranlagung können Sendungen elektronisch mit «e-dec easy» vereinfacht abgefertigt werden. Denn bei der Anmeldung wird nur eine reduzierte Zollanmeldung abgeben - und zahlreiche sonst zwingend notwendige Angaben müssen nicht erfasst werden.

Für Kleinsendungen, die abgabenfrei eingeführt werden können, genügt eine Sammelzollanmeldung - und ein Kleber oder ein Stempel mit «abgabenfrei». Eine elektronische Zollanmeldung ist in diesem Fall nicht nötig. Und auch damit wird das gesamte Verfahren wesentlich vereinfacht und beschleunigt. Oft verrechnen die Dienstleister für solche Zollanmeldungen keine Verzollungsgebühren. Und fällt eine Ware unter die Abgabenfreigrenze, entstehen auch keine weiteren Kosten für die Verzollungsdienstleistung.

Spezialregelung der Haftung im Postverkehr

Das Schweizer Zollgesetz sieht eine weitgefasste Regelung der Haftung für Einfuhrabgaben vor. Vereinfacht gesagt: Alle Personen werden zollzahlungspflichtig, die in irgendeiner Weise mit einer Verzollung zu tun haben - insbesondere der Anmelder, der Warenführer, der Auftraggeber und der Importeur.

Und im Post- und Kurierverkehr wird selbst der Empfänger Schuldner der Zollabgabe - es sei denn, der Versender hat die Zollschuld ausdrücklich übernommen. Das dürfte allerdings nur selten der Fall sein. Aus diesem Grund erhebt die Zollverwaltung die Abgaben regelmässig direkt beim Empfänger. D.h. neben der Rechnung für die erworbene Ware erhält dieser eine zweite Rechnung für die Einfuhrabgaben und die Verzollungsdienstleistung. Eine solche Rechnung kann die vermeintlich günstig im Ausland erworbenen Produkte deutlich verteuern - und beim Kunden für Ärger sorgen.

In der Schweiz verpflichtet die Preisbekanntgabeverordnung Onlineshops dazu, dem Kunden den tatsächlichen Endpreis mitzuteilen. Werden Zölle oder andere Abgaben nicht bekannt gegeben, verstösst er gegen schweizerisches Recht und eine Busse wird fällig. Und ob ein Kunde erneut in einem Shop einkaufen wird, der ihn nicht auf die zusätzlichen Kosten hingewiesen hat, darf ausserdem bezweifelt werden.

Retouren

Im Jahr 2011 wurden Waren im Wert von rund 1,8 Milliarden Franken in die Schweiz ein- und wieder ausgeführt. Der Retourwarenverkehr ist damit wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung - und betrifft vor allem den Onlinehandel.

Werden Waren in die Schweiz importiert und unverändert an den Absender im Ausland zurück geschickt, werden die erhobenen Einfuhrzölle bei der Wiederausfuhr zurückerstattet. Allerdings nur, wenn die Waren innerhalb von drei Jahren infolge von Annahmeverweigerung, Rückgängigmachung des Vertrags oder Unverkäuflichkeit an den Versender zurückgesandt werden.

Die Mehrwertsteuerabgaben werden jedoch in der Regel nicht zurückerstattet - ausgenommen eine Person hat die Einfuhrmehrwertsteuer bezahlt, ist aber nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Diese Ausnahme betrifft häufig Kunden von E-Commerce-Unternehmen. Denn wenn Privatpersonen die Einfuhrsteuer selbst bezahlen, können sie diese in der Regel auch wieder zurückfordern. Die Rückerstattung ist unabhängig vom Grund der Wiederausfuhr, muss aber innerhalb von 5 Jahren nach der Einfuhr erfolgen.

Die Rückerstattung: theoretisch einfach, praktisch komplex

In der Theorie ist eine Rückerstattung der Einfuhrabgaben in fast allen erdenklichen Fällen möglich. Praktisch jedoch gestaltet sich das Ganze um einiges schwieriger. Die Zollverwaltung verlangt, dass die Rückerstattung in der Zollanmeldung beantragt und die Rückwareneigenschaft genau belegt wird. Konkret sollten folgende Unterlagen bereit gestellt werden:

  • die Ausfuhrzollanmeldung
  • ein Erstattungsgesuch in Briefform
  • das Einfuhrdokument im Original, Rechnungen 
  • Lieferscheine oder ähnliche Dokumente 
  • die Korrespondenz mit dem ausländischen Lieferanten, aus welcher der Grund der Wiederausfuhr ersichtlich ist 

Aufgrund der Vorschriften ist durchaus denkbar, dass der administrative Aufwand die Rückerstattung nicht rechtfertigt. Und letztendlich trotzdem eine doppelte Abgabenbelastung entsteht. Zu beachten ist auch, dass die Rückerstattung der Abgaben gebührenpflichtig ist - mit 5 % des zurückerstatteten Betrags, mindestens jedoch 30 Franken. Damit lohn sie sich erst ab einer Abgaben von mehr als 30 Franken.

Ist nur die Einfuhrsteuer entstanden, entspricht dies einem Warenwert von mindestens 376 Franken. Auch in diesem Bereich ist die Schweizer Regelung im Vergleich zur EU-Vorschrift sehr grosszügig und wirtschaftsfreundlich. Das EU-Recht sieht eine eingeschränktere Regelung für die Rückerstattung von Abgaben auf ausländischen Retouren vor. Die einzelnen Fälle sind dabei nicht so offen formuliert wie in der Schweiz. Eine Rückerstattung ist nur vorgesehen, wenn die Ware schadhaft ist oder nicht den Vertragsbedingungen entspricht. Eine Rückerstattung wegen Rückgängigmachung ist im EU-Recht nicht zu finden. Die Frist eines Antrags auf Rückerstattung beträgt zudem nur 12 Monate.

(Bildquelle: © broken3/iStockphoto)




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