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30. Mär 2015, Recht & Steuern | Fremdfinanzierung

Internationales Steuerumfeld im Wandel: Teil 1

Eine der zentralen Massnahmen der OECD und der EU ist die Bekämpfung übermässiger Fremdfinanzierung durch multinationale Konzerne – mit dem Ziel der Aushöhlung des Steuersubstrats und damit der aggressiven Steueroptimierung.

Die Gewinnverlagerung durch multinationale Gesellschaften mittels übermässiger Fremdfinanzierung sowie hybrider Finanzstrukturen in Niedrigsteuerländer – bei gleichzeitiger Aushöhlung der Bemessungsgrundlage – ist vielen Staaten ein Dorn im Auge. Im Rahmen von BEPS hat die OECD im Auftrag der G20 einen Aktionsplan mit fünfzehn Massnahmen vorgelegt – «Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting». Dieser hat die Bekämpfung aggressiver Steueroptimierungen zum Ziel.

Sieben der fünfzehn Massnahmen des Projekts hat die OECD zusammen mit der G20 Mitte September verabschiedet. Aufgrund der verschärften Regulierungen haben kürzlich mehrere Europäische Hochsteuerländer – wie Spanien (2012), Frankreich (2013) oder Portugal (2014) – ihre traditionellen Thin Capitalization Rules («Thin Cap Rules») durch eine restriktivere Earnings Stripping Rules ergänzt oder ersetzt.

Dieser Artikel befasst sich mit Konzernfinanzierungen im aktuellen Umfeld nationaler und internationaler Entwicklungen an der Steuerfront. Der Fokus liegt auf der Limitierung der Zinsabzugsfähigkeit und beschränkt sich daher auf die folgenden Massnahmen des von der OECD entwickelten BEPS-Aktionsplans:

  • zwei: Neutralisierung der Effekte von hybriden Gesellschaften und Finanzinstrumenten 
  • vier: Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen und anderen Finanzzahlungen

Im Zuge dieser Entwicklungen wird konkret die Funktionsweise der schweizerischen Thin Capitalization Rule («ThinCap Rule») sowie der deutschen Earnings Stripping Rule (Zinsschranke) beschrieben und anhand eines Fallbeispiels thematisiert – bevor abschliessend die Konsequenzen und Steueroptimierungsmöglichkeiten dargestellt werden.

Unilaterale Massnahmen zur Bekämpfung übermässiger Fremdfinanzierung

Seit einigen Jahren lässt sich ein Trend feststellen, dass ein Wandel von traditionellen bilanzbasierten Thin Capitalization Rules (zum Beispiel fixes Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital) hin zu restriktiveren ergebnisbezogenen Earnings Stripping Rules stattgefunden hat (bezogen auf Gewinn- oder Cashflow-Grössen wie EBITDA).

So haben beispielsweise einige europäische Hochsteuerländer – wie Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal oder Spanien – neue Regelungen hinsichtlich Zinsabzugsbeschränkungen eingeführt, die vermehrt an ergebnisbezogenen Grössen anknüpfen. Dazu zählt insbesondere EBITDA. Diese knüpfen allesamt nicht an das bewährte Prinzip des dealing at arm’s length-Grundsatzes an. Das führt dazu, dass marktkonforme Zinsabzüge in den erwähnten Jurisdiktionen gegebenenfalls steuerlich limitiert oder gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Schweizerische Regelung zum verdeckten Eigenkapital (Thin Capitalization Rule)

Die zweckmässige und angemessene Finanzierung einer Kapitalunternehmung ist grundsätzlich Sache der Unternehmung und der Beteiligten. Wenn diese der juristischen Person allerdings in ungewöhnlichem Ausmass Fremdkapital zur Verfügung stellen, um der wirtschaftlichen Doppelbelastung auszuweichen, so wird von der Steuerbehörde derjenige Teil des Fremdkapitals als so genanntes «verdecktes Eigenkapital» qualifiziert, dem wirtschaftlich die Funktion von Risikokapital zukommt. Das verdeckte Eigenkapital wird zum steuerbaren Eigenkapital hinzugerechnet und die Verzinsung hierauf als verdeckte Gewinnausschüttung aufgerechnet.

Wesentlich ist, dass nur derjenige Teil als verdecktes Eigenkapital gilt, der direkt oder indirekt von Anteilsinhabern oder diesen nahe stehenden Personen stammt. Die Bestimmung der Höhe des verdeckten Eigenkapitals hängt wesentlich mit der Bewertung der Aktiven zusammen. Dabei wird vom Verkehrswert der Vermögenswerte ausgegangen. Die Berechnung des verdeckten Eigenkapitals erfolgt in der Praxis schematisch (Aktiven-Test).

Gemäss des Kreisschreibens der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern zum verdeckten Eigenkapital gelangen in der Regel die folgenden Ansätze – im Sinne einer Safe-Harbour Regelung – als Höchstbetrag der von der Gesellschaft aus eigener Kraft erhältlichen fremden Mittel zur Anwendung (Maximale Fremdfinanzierung in Prozent des Verkehrswertes). Der Nachweis, dass die konkrete Finanzierung dem Drittvergleich standhält, bleibt vorbehalten.

Earnings Stripping Rule Deutschland

Die deutsche Zinsschranke beschränkt die steuerliche Abzugsfähigkeit des Nettozinsaufwands auf dreissig Prozent des steuerbaren EBITDA. Diese Nettozinszahlungen übersteigen den Schwellenwert und qualifizieren nicht für einen steuerlichen Abzug in der gleichen Steuerperiode – können jedoch unbefristet in die nächsten Steuerperioden übertragen werden und demnach zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden.

Des Weiteren gilt es zu betonen, dass die deutsche Regelung nicht nur auf Darlehensgewährungen im assoziierten Verhältnis (das heisst nahestehende Personen) zur Anwendung kommt. Die Zinsschranke kann sich auch auf Zinszahlungen von unabhängigen Dritten nachteilig auswirken.

Im Gegensatz zur Schweiz beruht der Ansatz der deutschen Zinsschranke nicht auf einem bilanzbasierten Konzept, da sie das betrachtete Fremdkapital im Verhältnis zum Eigenkapital nicht berücksichtigt. Ferner – und im Kontrast zur Schweiz – ist es den Steuerpflichtigen nicht möglich, deren Transaktionen durch ein Abstellen auf dem Drittvergleich zu rechtfertigen und demnach der Zinsschranke zu entkommen.

Nebst den allgemeinen Bestimmungen verfügt die spezifische Missbrauchsbestimmung über Ausnahmeregelungen – wonach die Regelung keine Anwendung findet, wenn:

  • Die Nettozinszahlungen geringer sind als drei Millionen Euro pro Jahr («de-minimis-Regelung»). 
  • Das betrachtete Unternehmen keiner Konzerngruppe angehört. 
  • Das betrachtete Unternehmen über einen Leverage-Ratio verfügt, der kleiner oder gleich gross ist wie derjenige des konsolidierten Konzerns.

(Bildquelle: © TobiasK/iStockphoto)




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