Die Wohnsitznahme in der Schweiz – TEIL 2
12. Jun 2014, Recht & Steuern | Schweizer Erbrecht

Die Wohnsitznahme in der Schweiz (2/2)

Neues Land, andere Rechtsordnung – ein Umzug in die Schweiz sollte gut durchdacht sein. Im Fokus des zweiten Teils der zweiteiligen Artikelreihe: das Erbrecht.

Jeder Zuzüger in die Schweiz sollte sich frühzeitig vor, während und nach dem Umzug mit den für ihn wichtigen Erfordernissen und Vorschriften des schweizerischen Rechts auseinandersetzen.

In diesem Artikel werden Zuzüger in die Schweiz auf wichtige rechtliche Aspekte und Probleme hingewiesen. Aus Platzgründen kann es sich nur um allgemeine Hinweise handeln, weshalb es sich für Zuzugswillige empfiehlt, sich rechtzeitig von fachkundiger Stelle beraten zu lassen.

>> zum Artikel: Die Wohnsitznahme in der Schweiz – Teil 1

7. Eheliches Güterrecht bei Verheirateten

Verheiratete Personen unterstehen in den meisten Ländern einem gesetzlich geregelten Vermögensrecht für Verheiratete, das in der Schweiz eheliches Güterrecht heisst. Dieses regelt, welchem Ehegatten was gehört und wie die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt – wenn die Ehe durch Tod eines Ehegatten oder Scheidung aufgelöst wird.

Die einzelnen Länder kennen je nach Rechtssystem und Kulturkreis ganz unterschiedliche staatliche Regelungen. Deshalb sollten sich verheiratete Zuzüger dafür interessieren, welches eheliche Güterrecht nach dem Wohnsitzwechsel für sie gilt oder für sie gelten soll: jenes ihres Heimatstaats, (weiterhin) jenes des früheren Wohnsitzlands oder (neu) das der Schweiz als neuem Wohnsitzstaat. Grundsätzlich gilt für Ehegatten, die in der Schweiz wohnen, das schweizerisch eheliche Güterrecht. Nach Regeln des Internationalen Privatrechts können ausländische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz eine Rechtswahl bezüglich des Güterrechts treffen, dem sie sich unterstellen wollen – also sich zum Beispiel ausländischem Heimatrecht unterstellen.

Verheiratete Personen, die nach ihrem Zuzug in die Schweiz dem schweizerischen Güterrecht unterstehen, können ihre güterrechtlichen Verhältnisse im Rahmen eines Ehevertrags nach ihren Bedürfnissen relativ frei gestalten.

8. Erbrecht

Welches Erbrecht gilt nach dem Zuzug in die Schweiz? Wer soll den Zuzüger bei dessen Ableben in welchem Umfang beerben? Wie möchte der Zuzüger sein Erbrecht geregelt haben? Gilt trotz Wohnsitzwechsel in die Schweiz weiterhin das gesetzliche Erbrecht des ausländischen Wegzugs- oder Heimatstaats oder gilt dasjenige der Schweiz als dem neuen Wohnsitzstaat des Zuzügers? Wie vererbt sich im Erbfall das Vermögen im Ausland? Soll das Erbrecht des Heimatstaats gelten oder passt dem Zuzüger das schweizerische Erbrecht?

Wie beim ehelichen Güterrecht sei auch beim Erbrecht daran erinnert, dass alle Länder der Welt ganz unterschiedliche gesetzliche Regelungen kennen.

In die Nachfolge- und Erbrechtsplanung einzubeziehen sind:

  1. das Erbrecht das Wegzugsstaats 
  2. das Erbrecht der Schweiz als dem neuen Wohnsitzstaat
  3. das Erbrecht von Drittstaaten, in dem der Zuzüger Immobilien besitzt, weil die Rechtsordnung des Drittstaats im Erbfall ebenfalls tangiert und involviert ist
  4. das Erbrecht von Drittstaaten, in dem der Zuzüger zum Beispiel bewegliches Vermögen oder geschäftliche Beteiligungen besitzt, weil die Rechtsordnung des Drittstaats im Erbfall ebenfalls tangiert und involviert ist 

Grundsätzlich gilt für Personen, die in der Schweiz wohnen, das schweizerische gesetzliche Erbrecht. Nach Regeln des Internationalen Privatrechts können ausländische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz eine Rechtswahl bezüglich des Erbrechts treffen, dem sie sich unterstellen wollen, also sich beispielsweise ausländischem Heimatrecht unterstellen. 

Für Zuzüger, deren Grundbesitz und bewegliches Vermögen sich im Ausland, also im Wegzugs- oder einem Drittstaat befindet, ist das Erbrecht desjenigen Staats zu berücksichtigen, in dem der Grundbesitz oder das bewegliche Vermögen liegt beziehungsweise investiert ist – zum Beispiel geschäftliche Beteiligung. Es sind also unter Umständen mehrere (Erb-)Rechtsordnungen in die Überlegungen der Nachfolge- und Erbrechtsplanung einzubeziehen.

Personen, die nach ihrem Zuzug in die Schweiz dem schweizerischen gesetzlichen Erbrecht unterliegen, können (und sollten darum auch!) ihre erbrechtlichen Verhältnisse testamentarisch oder erbvertraglich nach ihren Bedürfnissen neu ordnen. Dabei sollten sie die Handlungsmöglichkeiten und den grossen Gestaltungsfreiraum ausschöpfen.

9. Erbschafts- und Schenkungssteuern

Eng verknüpft mit dem Erbrecht (vgl. Punkt 8) sind die Erbschaftssteuern: Viele Staaten erheben im Erbfall zum Teil hohe Erbschaftssteuern. Das Problem wird derzeit stets brisanter, weil wegen der internationalen Schuldenkrise viele Staaten neue Einnahmequellen erschliessen. Erbschaftssteuern können eine Erbschaft je nach Land zu 40 bis 50 Prozent oder sogar noch höher belasten! In der Schweiz gibt es auf Bundesebene (derzeit) keine Erbschaftssteuer. Die 26 Schweizer Kantone erheben nach je eigenen Vorschriften Erbschaftssteuern in sehr unterschiedlichem Umfang. In den meisten Kantonen sind Vererbungen an Ehegatten und direkte Nachkommen von der Erbschaftssteuer jedoch befreit oder stark entlastet. Nur der Kanton Schwyz kennt überhaupt keine Erbschaftssteuer.

Durch den Zuzug in die Schweiz ändert sich die erbschaftssteuerliche Situation grundlegend. Trotz des Wegzugs aus einem Land mit (hoher) Erbschaftssteuer löst sich das Problem im Wegzugsland nicht etwa automatisch in Luft auf. Es gibt Länder, welche die Erbschaftssteuer nicht an den Wohnsitz des Erblassers (= Wohnsitzprinzip) anbinden, sondern an die Nationalität des Erblassers (= Nationalitätsprinzip). Dies gilt zum Beispiel für die USA. Derzeit sind auch andere Länder wie Frankreich bestrebt, die Erbschaftssteuer an die Nationalität des Erblassers zu knüpfen – um auch in solchen Erbfällen an Steuersubstrat heranzukommen, in denen ein Staatsangehöriger sein Heimatland verlassen und ausserhalb seines Heimatstaats wohnhaft gewesen und verstorben ist.

Deutschland kennt ein spezielles Erbschaftssteuerregime für deutsche Staatsangehörige, die ihr Heimatland verlassen aber noch nicht lange genug im Ausland gewohnt haben. Unabhängig von Staatsangehörigkeit und Wohnsitz können im Erbfall auch Erbschaftssteuern in Drittländern fällig werden, in denen der Erblasser Grundbesitz, bewegliches Vermögen besessen und hinterlassen hat – insbesondere Geschäftsvermögen beziehungsweise geschäftliche Beteiligungen. Eng verbunden mit der Erbschaftssteuer sind in vielen Ländern auch die Schenkungssteuern: zahlreiche Staaten besteuern nicht nur Erbgänge (also Vermögensübergang infolge Todesfall), sondern auch Schenkungen, die jemand zu seiner Lebzeit tätigt.

Diverse Staaten koppeln die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung nicht (nur) an den Wohnsitz oder die Staatsangehörigkeit des Erblassers beziehungsweise Schenkers, sondern (auch) an die Staatsangehörigkeit und/oder den Wohnsitz der Erben beziehungsweise Beschenkten. Man spricht in diesem Zusammenhang von Erbanfall- und Schenkungsanfallsteuern.

Es kann also in einem Erbfall in zahlreichen Ländern zu schwerwiegenden Erbschaftssteuerproblemen kommen – im schlimmsten Fall zu Steuerkonflikten und Doppelbesteuerungen. Um Doppelbesteuerungen zu vermeiden hat die Schweiz mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Erbschaftssteuern abgeschlossen, oft inklusive Schenkungssteuern.

Um den Erben «böse Überraschungen» zu ersparen, sollten Zuzüger nicht nur im Bereich der direkten Steuern (Einkommens- und Vermögenssteuern) eine Steuerplanung betreiben, sondern auch im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuern.

In die Steuerplanung einzubeziehen sind:

  1. Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht des Wegzugsstaats.
  2. Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht der Schweiz beziehungsweise des Kantons, in dem der Zuzüger Wohnsitz nimmt.
  3. Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht des Heimatstaats von Zuzügern, bei denen der Heimatstaat Erbgänge und Schenkungen in Abhängigkeit von der Staatsangehörigkeit des Erblassers beziehungsweise Schenkers besteuert (Nationalitätsprinzip). 
  4. Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht von Drittstaaten, in denen der Zuzüger Grundbesitz oder bewegliches Vermögen, insbesondere geschäftliche Beteiligungen, besitzt. 
  5. Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht von Drittstaaten, in denen spätere Erben oder Beschenkte des Zuzügers ihren Wohnsitz haben.
10. Miete und Kauf von Grundeigentum

Das Mieten von Wohneigentum in der Schweiz durch Zuzüger ist rechtlich nicht eingeschränkt, vielmehr bedarf es keiner staatlichen oder amtlichen Bewilligung. Zivilrechtlich, das heisst für den Mietvertragsabschluss, gilt das schweizerische Mietrecht.

Der Kauf von Grundeigentum in der Schweiz durch Zuzüger, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen, ist je nach Staatsangehörigkeit des Zuzügers uneingeschränkt oder eingeschränkt möglich:

  • Angehörige von EU- oder EFTA-Staaten, die Wohnsitz in der Schweiz haben, können wie schweizerische Staatsangehörige in der Schweiz uneingeschränkt Grundeigentum erwerben.
  • Staatsangehörige von anderen als EU- und EFTA-Staaten (Drittstaaten), die aufgrund einer befristeten Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz wohnen, können bewilligungsfrei nur eine selbst genutzte Wohnung oder ein selbst genutztes Haus erwerben. Der Erwerb anderen Grundbesitzes ist bewilligungspflichtig nach dem «Bundesgesetz über den Erwerb von Grundbesitz von Personen im Ausland» – so genannte «Lex Friederich».
  • Staatsangehörige von anderen als EU- und EFTA-Statten (Drittstaaten), die aufgrund einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung in der Schweiz wohnen, können wie schweizerische Staatsangehörige in der Schweiz uneingeschränkt Grundeigentum erwerben.

(Bildquelle: © andresrimaging/iStockphoto)




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.