Konkurs des Leasingnehmers: Was passiert mit dem Leasingobjekt?
10. Jan 2014, Recht & Steuern | Konkurs des Leasingnehmers

Was passiert mit dem Leasingobjekt?

In der Schweiz hat sich der Leasingvertrag in den letzten Jahrzehnten als gängiger Vertragstyp etabliert. Ob der Leasinggeber das Leasingobjekt im Konkursfall des Leasingnehmers aussondern kann, bleibt jedoch fraglich. Der Grund für diese Unsicherheit liegt im unterschiedlichen Inhalt der einzelnen Leasingverträge - wie der folgende Bericht zeigt. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall das Leasingobjekt dem Leasingnehmer nur zum Gebrauch überlassen wird oder ob von Anfang an klar ist, dass der Leasingnehmer das Leasingobjekt erwerben wird.*

Lehre und Rechtsprechung sind sich heute einig, dass der Leasingvertrag ein gemischtrechtlicher Vertrag mit Elementen von Kauf und Miete (evtl. Pacht) ist. Damit ist aber die Frage noch nicht entschieden, ob es sich beim Leasing um einen Gebrauchsüberlassungsvertrag oder um einen Veräusserungsvertrag handelt. Die Antwort hängt davon ab, welche Elemente – Kauf oder Miete – überwiegen. Dies ist im Einzelfall anhand der konkreten Vertragskonditionen zu beurteilen.

In Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung überwiegen die Kaufelemente dann, wenn die Parteien die Übertragung des Eigentums am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer vereinbart haben. Dies trifft auch zu, wenn aufgrund der vereinbarten Bedingungen bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses klar ist, dass sich ein vernünftig handelnder Leasingnehmer bei Ablauf des Leasingvertrages nur für die Übernahme des Leasingobjektes zum vereinbarten Restwert entschliessen kann - aus wirtschaftlichen Gründen. Eine Eigentumsübertragungsvereinbarung ist bei den heute gängigen Leasingverträgen nicht üblich. Im Gegenteil, es wird regelmässig ausdrücklich festgehalten, dass das Eigentum am Leasingobjekt beim Leasinggeber verbleibt. Anders sieht es beim Element «wirtschaftlicher Kaufzwang» aus. Es ist nicht unüblich, dass Leasingverträge mit einer kurzen Vertragsdauer über Leasingobjekte mit einer wesentlich längeren Nutzungsdauer abgeschlossen werden, z.B. Möbel, Maschinen oder Fahrzeuge. Explizit bezieht sich dies auf Leasingobjekte, bei denen der Verkehrswert bei Beginn des Leasingvertrages durch den während der Vertragsdauer zu bezahlenden Leasingzins vollständig amortisiert und verzinst wird. Der vereinbarte Restwert, zu dem der Leasingnehmer das Leasingobjekt bei Ablauf des Leasingvertrages übernehmen kann, hat nur noch symbolischen Charakter - z.B. 0.5% des Kaufpreises.(1)

Eigentum am Leasingobjekt

1. Qualifikation des Leasingvertrages als Gebrauchsüberlassungsvertrag

Wird ein Leasingvertrag als gemischtrechtlicher Gebrauchsüberlassungsvertrag qualifiziert, so ist der Leasinggeber Eigentümer des Leasingobjektes. Dieser erwirbt das Eigentum am Leasingobjekt vom Lieferanten und nicht vom Leasingnehmer. Die Schutznorm von Art. 717 ZGB ist somit nicht anwendbar. Im Weiteren ist in diesem Fall mit dem Leasingvertrag keine Kreditsicherung verbunden. Die Bestimmung von Art. 884 ZGB betreffend Besitz an der Pfandsache ist unbeachtlich. Der Leasinggeber kann das Leasingobjekt im Konkurs des Leasingnehmers aussondern.

2. Qualifikation des Leasingvertrages als Veräusserungsvertrag

Anders ist die Rechtslage, wenn der betreffende Leasingvertrag als gemischtrechtlicher Veräusserungsvertrag beurteilt wird. Bei einem Veräusserungsgeschäft geht das Eigentum am Vertragsobjekt gemäss Art. 714 Abs. 1 ZGB in Verbindung mit Art. 922 ZGB mit der Übergabe auf den Erwerber über. Nur wenn die Parteien einen Eigentumsvorbehalt vereinbart haben und dieser vom Leasinggeber im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen wird, bleibt das Eigentum am Leasingobjekt bei ihm.(2) Die im Leasingvertrag enthaltene Abrede, dass das Eigentum am Leasingobjekt dem Leasinggeber zusteht, ist als Sicherungsabrede für die Forderungen des Leasinggebers umzudeuten. Entsprechend ist Art. 884 ZGB zu beachten. Ein Sicherungsrecht an Fahrnis kann nur erworben werden, wenn der Besitz am Sicherungsgegenstand auf den Gläubiger übertragen wird. Bei Leasingverträgen, die gemischtrechtliche Veräusserungsverträge sind, kann das Eigentum am Leasingobjekt deshalb nicht beim Leasinggeber verbleiben. Andernfalls unterläuft das im schweizerischen Recht geltende Publizitätsprinzip - der sachenrechtliche Numerus clausus der Kreditsicherungsinstrumente und insbesondere Art. 715 und 884 ZGB.(3) Der Leasinggeber kann das Leasingobjekt im Konkurs des Leasinggebers folglich nicht aussondern.

3. Sale-and-lease-back als Spezialfall

Beim Sale-and-lease-back kauft der Leasinggeber das Leasingobjekt vom Leasingnehmer und überlässt es diesem mit dem Leasingvertrag zur weiteren Nutzung. Die Übertragung des Eigentums vom Leasingnehmer auf den Leasinggeber erfolgt durch Besitzkonstitut. Unabhängig davon, ob der konkrete Leasingvertrag als Gebrauchsüberlassungs- oder Veräusserungsvertrag qualifiziert wird, ist in Lehre(4) und Rechtsprechung(5) unbestritten, dass diese Konstruktion nicht vor Art. 717 und 884 ZGB standhält. Im internen Verhältnis zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer kann die Übertragung des Eigentums am Leasingobjekt vom Leasingnehmer auf den Leasinggeber gültig sein. Gegenüber Dritten ist sie aber unwirksam, weil diese benachteiligt und die Vorschriften über das Faustpfand verletzt werden. Der Leasinggeber kann deshalb im Konkurs des Leasingnehmers das Leasingobjekt nicht aussondern.

Aussonderungsverfahren im Konkurs des Leasingnehmers

Im Konkurs des Leasingnehmers kann der Leasinggeber das Leasingobjekt als sein Eigentum ansprechen und dessen Aussonderung verlangen. Die Konkursverwaltung hat dann das Aussonderungsverfahren gemäss Art. 242 SchKG durchzuführen.(6)

Anerkennt die Konkursverwaltung die Eigentumsansprache des Leasinggebers, so hat sie mit der Herausgabe des Leasingobjektes im ordentlichen Konkursverfahren zuzuwarten. Und zwar bis feststeht, dass die zweite Gläubigerversammlung keinen anderen Beschluss fasst und kein Gläubiger die Abtretung des Prozessführungsrechts nach Art. 260 SchKG für die Ansprüche der Masse hinsichtlich des Leasingobjektes verlangt (Art. 47 KOV). Im summarischen Konkursverfahren muss die Konkursverwaltung den Gläubigern im Zeitpunkt der Auflage des Kollokationsplanes auf dem Zirkularweg eine Frist zur Stellung von Abtretungsbegehren ansetzen. Erst wenn diese Frist ungenutzt abgelaufen ist, kann die Konkursverwaltung das Leasingobjekt an den Leasinggeber herausgeben (Art. 49 KOV).

Im ordentlichen Konkursverfahren kann das Aussonderungsverfahren mehrere Monate in Anspruch nehmen. Und die Konkursverwaltung muss das Leasingobjekt auf Kosten der Konkursmasse aufbewahren (Art. 47 Abs. 2 KOV). Andererseits kann der Leasinggeber während dieser Zeit nicht über das Leasingobjekt verfügen. Es erscheint deshalb sowohl für die Konkursmasse als auch für den Leasinggeber als angezeigt, das Aussonderungsverfahren zu beschleunigen. Der Konkursverwaltung stehen dazu die folgenden zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Dem Leasinggeber das Leasingobjekt gegen Leistung einer angemessenen Kaution herausgeben (Art. 51 KOV) - diese tritt an die Stelle des Leasingobjektes. Im Aussonderungsverfahren wird dann über die Herausgabe der Kaution an den Leasinggeber entschieden.
  • Den Gläubigern vor der zweiten Gläubigerversammlung mit einem Zirkular eine Frist zur Stellung von Abtretungsbegehren ansetzen (Art. 48 Abs. 2 KOV).

Verlangt ein Gläubiger die Abtretung des Prozessführungsrechts (Art. 260 SchKG), so setzt die Konkursverwaltung dem Leasinggeber eine Frist von 20 Tagen zur Einreichung einer Klage an (Art. 242 Abs. 2 SchKG). Dem Leasinggeber wird in der entsprechenden Verfügung mitgeteilt, gegen welchen Gläubiger als Vertreter der Masse er vorzugehen hat (Art. 52 KOV). Die Klage ist in einem solchen Fall gegen den Abtretungsgläubiger als Beklagter zu führen. Dieser handelt in einer sogenannten Prozessstandschaft für die Konkursmasse. Ab der Abtretung des Prozessführungsrechts trägt der Gläubiger die Kosten für die Aufbewahrung des Leasinggegenstandes (Art. 47 Abs. 2 KOV). Ebenso trägt er das Prozesskostenrisiko. Gewinnt der Gläubiger den Prozess, so hat er bis zur Deckung seiner Konkursforderung und der ihm entstandenen Kosten Anspruch auf den Erlös aus der Verwertung des Leasingobjektes (Art. 260 Abs. 2 SchKG). Ein allfälliger Überschuss fällt in die Konkursmasse.

Hält die Konkursverwaltung die Eigentumsansprache des Leasinggebers am Leasingobjekt für unbegründet, so setzt sie dem Leasinggeber eine Frist von 20 Tagen zur Einreichung einer Klage gegen die Konkursmasse an (Art. 242 Abs. 2 SchKG). Die Konkursverwaltung droht dem Leasinggeber an, dass sein Eigentumsanspruch am Leasingobjekt als verwirkt gilt, wenn die Frist nicht eingehalten wird (Art. 46 KOV).
Schlussbemerkungen

Der Leasingnehmer hat selbst in der Hand, was mit dem Leasingobjekt bei Konkurs des Leasingnehmers passiert. Durch die Vereinbarung entsprechender Leasingkonditionen kann er dafür sorgen, dass er Eigentümer des Leasingobjektes ist und dieses im Konkursfall des Leasingnehmers aussondern kann. Nur wenn der Leasingvertrag funktionell aufgrund entsprechender Konditionen wirtschaftlich einem Kauf auf Raten entspricht, geht das Eigentum am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer über.

Im Konkurs des Leasingnehmers ist es Sache der Konkursverwaltung, bei jedem einzelnen Leasingvertrag zu prüfen, ob er als gemischtrechtlicher Gebrauchsüberlassungs- oder als Veräusserungsvertrag zu qualifizieren ist. Je nach Ergebnis hat sie die Eigentumsansprache des Leasinggebers am Leasingobjekt anzuerkennen oder abzulehnen. Wird den Gläubigern von der Konkursverwaltung eine Frist zur Stellung von Abtretungsbegehren gesetzt - betreffend dem Aussonderanspruch des Leasinggebers am Leasingobjekt - kann es für sie interessant sein, in die Konkursakten Einsicht zu nehmen und den Leasingvertrag zu überprüfen. Sollte die Konkursverwaltung die Rechtslage falsch beurteilt haben, so eröffnet sich jedem Gläubiger die Chance, mit einem Abtretungsbegehren und der Auseinandersetzung mit dem Leasinggeber sein Konkursergebnis zu verbessern. Allerdings übernimmt der Abtretungsgläubiger in diesem Fall das Prozesskostenrisiko sowie die Kosten für die Aufbewahrung des Leasingobjektes während der Dauer des Prozesses.

Die ausführliche Version dieses Textes finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift CHD-Wirtschaft.

Quellen:

* Beim vorliegenden Artikel handelt es sich um eine aktualisierte Fassung der Publikation in der Anwaltsrevue (SAV) 9/2009, S. 415 ff.
1. Factsheet der UBS Leasing AG (Fn. 1). 
2. STAUDER (Fn. 4), S. 90; Urteil des Appellationsgericht Basel Stadt vom 3.4.1996, BJM 1997 S. 31 f. 
3. HAUSHEER (Fn. 9), S. 482. 
4. AMSTUTZ/MORIN/SCHLUEP (Fn. 1), N 68.
5. BGE 119 II 241 = Pra 84 (1995) Nr. 102, S. 329. 
6. Der per 1. Januar 2014 in Kraft getretene Art. 211a SchKG hat keinen Einfluss auf die Eigentumsverhältnisse im Konkurs.

(Bildquelle: © LuckyBusiness/iStockphoto)




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